Freitag, 23. Juni 2017

Im Winter dachte ich, dass wenn ich diesen Sommer kein Camp auf und abzubauen habe, und das Laufen wegfällt, ich viel viel Zeit haben werde.
Ich dachte dann könne ich ganz viel angehen: alte Freundschaften auffrischen, mal wieder Kampfsport machen, meinen sich so oft ausrenkenden Rückenwirbel ein bisschen  Physiotherapie gönnen, meine Kutsche reparieren, zwei wichtige Bücher durcharbeiten und natürlich Erleuchtung erlangen. Und das natürlich ganz entspannt neben drei Tage Baustelle die Woche, Zäune ziehen, Wasser schleppen für die Ochsen und der Menge an Zeit, die ich brauche um einfach nur zu Sein um mich wohlzufühlen.

Irgendwie hab ich mich da ziemlich getäuscht.
Irgendwie birgt ein sesshaftes Leben genau das Gegenteil in sich. Denn es gibt immer was zu tun und wenn man nichts zu tun hat, dann kann man sich neue Sachen einfallen lassen die auch wichtig sind getan zu werden. Und schon ist sie weg: die Zeit. Hat sich einfach davon gestolen.

Im Unterwegs sein gibt es auch viel zu tun, doch sind diese Sachen einmal erledigt, gibt es darüber hinaus nicht noch mehr. Gäbe es schon, aber man hat einfach nicht die Möglichkeit sie zu tun und so muss man es einfach sein lassen.

Im Anbetracht dessen, dass ich es immer noch nicht geschafft habe die innerliche Angespanntheit abzulegen, die ich aus meinem Winter mitgebracht habe  und in meine Ruhe zu kommen, bin ich im Moment ganz radikal am Zusammenstreichen. Kampfsport: gestrichen. Physiotherapie: gestrichen. Freunde besuchen: reduziert. Kutsche reparieren: auf nächstes Jahr verschoben. (auch wenn das bedeutet, dass ich sie dieses Jahr gar nicht einsetzten kann, sondern an einem trockenen Ort einlagern muss. So schlafe ich wieder im Zelt) Und meine Bücher schauen mich auch schon ganz vorwurfsvoll an, von Erleuchtung gar nicht gesprochen.

Statt dessen verbringe ich viel Zeit in meinem Tälchen und bringe mir Akkordeon spielen bei. Und baue Zaun um Zaun für meine lieben Ochsen. Und schleppe in der Hitze Kübel um Kübel Wasser zu ihnen an die Weide. Das ist schon viel besser.

Dienstag, 6. Juni 2017

Gesund fühlt sich alles besser an. Nach 3 1/2 Wochen im Bett wars auf einmal vorbei und ich hab die Welt um mich herum angeschaut als hätt ich sie vorher noch nie gesehen. Hätte ich gewusst, dass meine Bakterien beim blossen Anblick einer Ärztin reisaus nehmen, wär ich wohl schon früher gegangen.
Jetzt endlich kann ich wieder die Tage anpacken und mich an ihnen und meinen Tieren erfreuen!
An den Tagen in der Woche, wo ich meinen Freunden auf der Baustelle helfe steh ich im Morgengrauen auf. Als erstes bürste ich Lothar, denn der Rentner wird den Tag über alleine bleiben müssen. Immer mit einem schönen Stück Wiese neu zugesteckt, um ihn darüber hinweg zu trösten. Nach meinem Frühstück hol ich Max und Milan von der Wiese, bürste auch sie und lass sie die Füss geben, damit auch das in den täglichen Rhytmus eingeht. Dann spann ich sie ins Übungsjoch vor die kleine Kutsche und los gehts.
Abwärts sind sie sehr sehr schnell, würden am liebsten alles rennen mit dem ungewohnt schiebenden Druck der Deichsel von hinten. Will ich den Berg aufwärts gehen, so muss ich sie hingegen erstmal überzeugen, dass ich es wirklich ernst meine mit der Richtung.
Im Schnitt sind sie aber fast doppelt so schnell als Lothar und so sind wir in 40 Minuten an der Baustelle. Angekommen ist ihre erste Aufgabe zu lernen, dass länger angebunden sein total ok ist. Bis zu 3 h lass ich so stehen, dann dürfen sie auf einem eingezäungten Areal frei laufen bis zum Feierabend. Je nachdem, wie viel frisches Gras sie tagsüber gefressen haben und wie heiss es twar, gehts mal schneller mal langsamer nach Hause zurück. Je dicker und runder die Ochsenbäuche, desto langsamer der Rückweg. Auf der kleinen Übungskutsche hab ich eine Holzkiste festgebunden, in der sie Baustellen- Restholzstücke oder Einkäufe zum Camp bringen und mir dadurch auch wirklich Hilfe sind. Auch wenn es nicht viel Gewicht ist.
Lothar freut sich dann immer riesig, wenn wir zurück sind. So ein bisschen hab ich schon den Eindruck, dass er auch gerne mitkäme, aber in der neuen Trainingskonstelation und Geschwindigkeit geht es einfach nicht mit Lothar .
In den paar Tagen, die wir jetzt schon zusammen diesen Rhytmus leben, hat sich schon so viel getan bei den Kleinen.
Max hat - Gott sei Dank - seine Trotzigkeit vom Herbst vergessen oder verwachsen. Das wäre eine ganz andere Herausvorderung an das Training gewesen. Er geht definitiv langsamer als Milan, bzw Milan ist oxenuntypisch schnell. So muss ich Max viel antreiben, aber selbst das funktionier mittlerweile zu 90% nur mit Stimme.
Das Stehen funktioniert auch immer besser. Für einen Ochsen macht es ja erstmal keinen Sinn an der Stelle wo er abgestellt wurde, wirklich auch länger stehen zu bleiben, wenn es links und rechts der Strasse frisches Gras gibt. Daher ist es anfangs gut sie in Situationen zu bringen, wo Stehen schön und gut ist. Z.B. wenn es sehr warm ist und ein Berg grad bezwungen ist. Denn da steht sichs gleich wie von allein. Und wenn sie das begriffen haben, gehts auch unterwegs besser, wenn ich - sesshaft wie ich bin- ja den Mist von der Strasse räume. Da müssen sie Führerlos vorne stehen bleiben. Auch das haben sie mittlerweile verstanden, auch wenn sies nicht immer tun. Eine grosse Leistung für kleine einjährige Rinder.
Auch wenn die Baustellentage sehr lange Tags sind bis ich wieder zuhause bin und alle versorgt habe, so ist das Training das Max und Milan dadurh bekommen Gold wert. Jeden Tag lernen die kleinen Ochsen so viel dazu auf ihrem Weg zu richtigen Zugochsen.
Die restlichen Tage der Woche werden im Moment noch damit gefüllt , die Sachen aufzuarbeiten die während des langen Krank seins liegen geblieben sind. Mein Camp hatte ich noch gar nicht wirklich eingerichtet, sondern alles nur schnell notdürftig versorgt bei unserer Übersiedlung ins Tälchen. Doch jetzt wirds! Unser neues sesshaftes Zuhause hat Formen angenommen. Ich hab auch rausgefunden, wie ich die doch etwas feuchte Wiese bewirtschaften muss, damit sie auch nach der Beweidung noch gut ausschaut. und freu mich jetzt richtig auf den Sommer!
auf dem Weg zur Arbeit
Max (links) und Milan (rechts) "bei" der Arbeit