Samstag, 6. Mai 2017

Lothar nach dem Einrenken


Am 1. Oktober 16 wurde Lothar ja - wie ich berichtet habe - von einem Tierosteopathen besucht und eingerenkt. 13 von 26 Hals-  Brust und Lendenwirbel waren damals nicht in richtiger Position gewesen. Doch wie sich das weiter entwickelt hat, darüber habe ich nie geschrieben.

Ende November kam der Osteopath ein zweites Mal. Da Wirbel, die lange an falscher Position waren, sich gerne wieder in die alte Positon zurückbegeben brauchen sie 8 Wochen später noch einen Impuls. Zu diesem Termin nahm ich mir in der Schweiz frei und fuhr zurück. Ich wollte die Zeit bei meinen Ochsen auch zur Klauenpflege nutzen. 8 Wochen waren auch seid der letzten Klauenpflege vergangen, was für Lothar mit seiner Rollklaue ein viel zu grosser Abstand ist.

Was ist Rollklaue?
Rollklaue ist eine falsch wachsende Klaue, meist die hintere Aussenklaue bei Kühen und vererbbar. Bei einer Rollklaue wächst die Klaue an der Seite, kurz vorm Ballen, falsch. Sie wächst nicht wie sie sollte, nämlich in diesem Bereich in einem leichten Schwung nach unten, sondern rollt vorher ein. Die Klauenwand wird an dieser Stelle sehr instabil, da eine eingerollte Klauenwand nicht so viel Gewicht tragen kann als eine gerade. Das hat den Effekt dass sie sich unter dem Gewicht des Körpers zusammendrückt, d.h. dass der Abstand zwischen Kronenrand oben und Bodenfläche kleiner wird als sie sein sollte. Da der vordere Teil der Klaue dies aber nicht mitmacht, wird die gesamte Klaue nach vorne und die Klauenspitze nach oben weggedrückt. Je stärker eine Rollklaue ausgeprägt ist, und je grösser das Gewicht, was sie tragen sollte, umso schlechter für das Tier.

Dass Lothar mit seiner starken Rollklaue und seinem Gewicht überhaupt 5000 km die Kutsche ziehen konnte ist eigentlich eh ein Wunder. Diese Fehlstellung war Thema seid ich ihn hatte und so ausgeprägt, dass man sie sah, auch wenn gerade die Klauen frisch geschnitten waren. Nach 8 Wochen keine Klauenpflege war allein das Hinschauen ein Graus und der zeitliche und körperliche Aufwand der Korrektur nach so langer Zeit enorm. Als ich hingegen Lothar im November aus dem Stall nahm und überprüfte, was jetzt getan werden musst konnte ich meinen Augen nicht trauen: nichts, naja so gut wie gar nichts! Ich musste lediglich beide Klauenhälften gleichmässig in der Länge kürzen und war nach kurzem schon fertig.
Was war passiert? Die einzige Erklärung die ich habe ist die, dass sich durch das Einrenken die Beinstellung geändert hat und er jetzt mehr Gewicht auf die Innenklaue legt und weniger auf die Äussere, die Rollklaue. Dadurch, meine ich, hat sich diese nicht mehr so eingerollt und verbogen. Da Rollklaue ein genetischer Defekt ist, wird sie Lothar immer bleiben, aber so wies jetzt ausschaut, ist sie nach 8 Lothar-Lebenjahren kein Thema mehr. Ein ziemliches Wunder für mich!

Leider bin ich mit dem Einrenken 5 Jahre zu spät dran. Lothars Arthrose kann dadurch nicht mehr geheilt werden Doch wenn ich ihm damit seinen Lebensabend erleichtert habe, ist so viel dadurch gewonnen. Insgesamt war Lothar diesen Winter auch viel aktiver als das Jahr davor, wurde mir erzählt. Und als ich im Februar nochmal zur Klauenpflege kam und um Max und Milan einrenken zu lassen (denn bei denen will ich nicht erst zu spät dran sein), da lief er ohne Schuhe so gut wie schon mehr als ein Jahr nicht mehr.

Aber es gibt kein Wunder, dass wir weiterziehen können. Denn es ist ganz offensichtlich, dass sich das gute Laufen abwechselt mit dem schlechten Laufen. Bewegt er sich zu viel, z.B. wenn eine Kuh stierig ist, humpelt er wieder über Wochen. Und bewegt er sich zuwenig, weil er im Stall bleiben muss, wenn es so kalt ist, dass die Wasserleitungen Gefahr laufen einzufrieren, lahmt er binnen eines Tages.

Also hab ich jetzt einfach einen alten, berentnerten Arthroseochen an meiner Seite. Und mit dieser Einsicht verliert seine Krankheit  an Schrecken. Letztes Jahr war sie für mich wie ein Kampf um Leben und Tod auch wenn das übertrieben klingt. Für mich war es ein Ringen um ein Art von Leben, die ich mir so gewünscht hätte weiter zu führen. Jetzt, wo die Entscheidung getroffen und angenommen ist, dass es eben nicht so ist, darf Lothar einfach humpeln. Für ihn ist es sicher jetzt auch angenehmer. Denn keiner kann mir erzählen, mein Ochs hätt' meinen innerlichen Kampf nicht irgendwie mitbekommen.

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