Sonntag, 14. Mai 2017

Herausforderung: Sesshaftigkeit


Vier Jahre unterwegs haben ihre Spuren hinterlassen. Vier Jahre, in denen ich immer weiterzog. Von einem Fleck zum Nächsten. Von netten Menschen zu den Nächsten. Ganz schön viele Vorzüge bietet ein solches Leben. Immer nur die Schokoladenseiten der Menschen erleben zu dürfen z.Bsp, und nichts anhaften zu lassen. Eigentlich durfte ich dadurch hauptsächlich Positives erleben und so wurde Negativität ziemlich rar in meinem Leben und meinen Gedanken. Das schuf Platz im Kopf und Freiheit im Herzen sich mit anderem beschäftigen zu dürfen.

Und jetzt geht das auf diese Weise nicht mehr. Das Leben zeigt mir klipp und klar, dass es jetzt erstmal Pause ist mit Reisen. Es scheint mir eine neue Herausforderung für mich zu haben: Sesshaftigkeit.

Aber ganz ehrlich, diese neugewonnene Sesshaftigkeit lässt mich ziemlich ins Rudern kommen und meint für mich erstmal nichts Gutes.

Nicht einfach weiterziehen zu können, wenn einem was nicht passt ist nach so langer Zeit ganz schön schwierig. Zu wissen, dass ich den ganzen Sommer mit mehr oder weniger den selben Menschen klar kommen muss??? [Ich hör euch jetzt schon lachen «Ja, Eva, da kannst du nicht mehr davonrennen!» Aber war es wirklich ein Davonrennen gewesen? Oder eröffnet das Umgehen von einigen Konflikten nicht auch Türen?]
Zu wissen, dass ich an diesem Ort - mehr oder weniger - bleiben werde...Tag für Tag.

Aber irgendwie am Unangenehmsten finde ich den Gedanken, dass ich einfach nicht mehr jeden Tag zusammen mit meiner Herde durch die Wälder und Natur laufen werde und dadurch meinen Kopf frei halten kann. Ich bin kein Mensch der gross Spazieren geht, wenn es immer die selben Strecken sind. Dafür bin ich zu faul.

Umso mehr bin ich ein Mensch der sich zu gern ablenken lässt...obwohl ich weiss, dass es mir nicht gut tut. Und Ablenkungen stehen in einem sesshaften Leben ja Schlange. Weglaufen kann ich auch diese nicht mehr.
Kein Wunder also, dass ich jetzt schon fast drei Wochen krank bin und es nicht wegbekomme.
Aber im Krank sein habe ich auch keine Stärke zu Vertrauen, meine Gedanken zu kontrolliern und auf sie aufzupassen, dass sie mir nicht Blödsinn erzählen.
Zeit wirds, dass ich wieder gesund auf meinen Beinen stehe und mein Leben in der Sesshaftigkeit richtig angehen kann.

Und mich ihrer Vorzüge zu erfreuen! Wie zum Beispiel alle Familiengeburtstage wieder mit feiern zu können. Nach so langer Zeit wo ich ja nicht Lothar einfach auf einer Wiese hab abstellen können, um dann zum nächsten Bahnhof zu laufen! Darauf freu ich mich schon sehr. Und aufs Freunde besuchen und besucht werden.....

Samstag, 6. Mai 2017

Lothar nach dem Einrenken


Am 1. Oktober 16 wurde Lothar ja - wie ich berichtet habe - von einem Tierosteopathen besucht und eingerenkt. 13 von 26 Hals-  Brust und Lendenwirbel waren damals nicht in richtiger Position gewesen. Doch wie sich das weiter entwickelt hat, darüber habe ich nie geschrieben.

Ende November kam der Osteopath ein zweites Mal. Da Wirbel, die lange an falscher Position waren, sich gerne wieder in die alte Positon zurückbegeben brauchen sie 8 Wochen später noch einen Impuls. Zu diesem Termin nahm ich mir in der Schweiz frei und fuhr zurück. Ich wollte die Zeit bei meinen Ochsen auch zur Klauenpflege nutzen. 8 Wochen waren auch seid der letzten Klauenpflege vergangen, was für Lothar mit seiner Rollklaue ein viel zu grosser Abstand ist.

Was ist Rollklaue?
Rollklaue ist eine falsch wachsende Klaue, meist die hintere Aussenklaue bei Kühen und vererbbar. Bei einer Rollklaue wächst die Klaue an der Seite, kurz vorm Ballen, falsch. Sie wächst nicht wie sie sollte, nämlich in diesem Bereich in einem leichten Schwung nach unten, sondern rollt vorher ein. Die Klauenwand wird an dieser Stelle sehr instabil, da eine eingerollte Klauenwand nicht so viel Gewicht tragen kann als eine gerade. Das hat den Effekt dass sie sich unter dem Gewicht des Körpers zusammendrückt, d.h. dass der Abstand zwischen Kronenrand oben und Bodenfläche kleiner wird als sie sein sollte. Da der vordere Teil der Klaue dies aber nicht mitmacht, wird die gesamte Klaue nach vorne und die Klauenspitze nach oben weggedrückt. Je stärker eine Rollklaue ausgeprägt ist, und je grösser das Gewicht, was sie tragen sollte, umso schlechter für das Tier.

Dass Lothar mit seiner starken Rollklaue und seinem Gewicht überhaupt 5000 km die Kutsche ziehen konnte ist eigentlich eh ein Wunder. Diese Fehlstellung war Thema seid ich ihn hatte und so ausgeprägt, dass man sie sah, auch wenn gerade die Klauen frisch geschnitten waren. Nach 8 Wochen keine Klauenpflege war allein das Hinschauen ein Graus und der zeitliche und körperliche Aufwand der Korrektur nach so langer Zeit enorm. Als ich hingegen Lothar im November aus dem Stall nahm und überprüfte, was jetzt getan werden musst konnte ich meinen Augen nicht trauen: nichts, naja so gut wie gar nichts! Ich musste lediglich beide Klauenhälften gleichmässig in der Länge kürzen und war nach kurzem schon fertig.
Was war passiert? Die einzige Erklärung die ich habe ist die, dass sich durch das Einrenken die Beinstellung geändert hat und er jetzt mehr Gewicht auf die Innenklaue legt und weniger auf die Äussere, die Rollklaue. Dadurch, meine ich, hat sich diese nicht mehr so eingerollt und verbogen. Da Rollklaue ein genetischer Defekt ist, wird sie Lothar immer bleiben, aber so wies jetzt ausschaut, ist sie nach 8 Lothar-Lebenjahren kein Thema mehr. Ein ziemliches Wunder für mich!

Leider bin ich mit dem Einrenken 5 Jahre zu spät dran. Lothars Arthrose kann dadurch nicht mehr geheilt werden Doch wenn ich ihm damit seinen Lebensabend erleichtert habe, ist so viel dadurch gewonnen. Insgesamt war Lothar diesen Winter auch viel aktiver als das Jahr davor, wurde mir erzählt. Und als ich im Februar nochmal zur Klauenpflege kam und um Max und Milan einrenken zu lassen (denn bei denen will ich nicht erst zu spät dran sein), da lief er ohne Schuhe so gut wie schon mehr als ein Jahr nicht mehr.

Aber es gibt kein Wunder, dass wir weiterziehen können. Denn es ist ganz offensichtlich, dass sich das gute Laufen abwechselt mit dem schlechten Laufen. Bewegt er sich zu viel, z.B. wenn eine Kuh stierig ist, humpelt er wieder über Wochen. Und bewegt er sich zuwenig, weil er im Stall bleiben muss, wenn es so kalt ist, dass die Wasserleitungen Gefahr laufen einzufrieren, lahmt er binnen eines Tages.

Also hab ich jetzt einfach einen alten, berentnerten Arthroseochen an meiner Seite. Und mit dieser Einsicht verliert seine Krankheit  an Schrecken. Letztes Jahr war sie für mich wie ein Kampf um Leben und Tod auch wenn das übertrieben klingt. Für mich war es ein Ringen um ein Art von Leben, die ich mir so gewünscht hätte weiter zu führen. Jetzt, wo die Entscheidung getroffen und angenommen ist, dass es eben nicht so ist, darf Lothar einfach humpeln. Für ihn ist es sicher jetzt auch angenehmer. Denn keiner kann mir erzählen, mein Ochs hätt' meinen innerlichen Kampf nicht irgendwie mitbekommen.

Montag, 1. Mai 2017

Die Suche


Also mache ich mich wieder auf die Suche nach einer Wiese. Für 3 Ochsen, einen Hund und eine grosse Kutsche. Doch diesmal nicht für «eine Nacht», wie ich sonst die Bauern zu fragen pflegte, sonder für ein «paar Wochen,» gar «Monate», oder vielleicht «den Sommer» über. In der direkten Nachbarschaft meiner Freunde haben diese schon über den Winter nachgefragt. Leider erfolglos. Grund scheint sehr begehrt zu sein im Elztal.
Jetzt persönlich auf der Suche, meine ich anfangs noch mich zufuss auf den Weg machen zu können, nehm aber dann glücklicherweise doch das Auto. Denn die Distanzen von den Höfen, bei denen ich anfrage, zu dem Ort wo die Baustelle sein wird, werden immer länger.
Wieder klingel ich, erzähle meine Geschichte, treffe auf mir völlig unbekannte Menschen, Charaktere und Leben, mit denen ich sonst nie in Berührung gekommen wäre. Da bin ich dann schon irgendwie dem Leben auch dankbar, mich dazu zu zwingen. Denn müsste ich das nicht tun, käme ich wahrscheinlich nie in Kontakt mit so vielen Menschen und hätte mich mittlerweile total zurückgezogen. Aber das geht ja nicht, wenn es Wiese zu suchen gilt - ein schönes Zuhause für meine Herde über den Sommer. Schwieriger ist es jetzt schon zu fragen, da sichs ja nicht nur um eine Nacht handeln würde, leichter ists aber in der Einleitung. Da ich mittlerweile schon 2 Jahre im Schwarzwald bin, hat mittlerweile wohl schon fast jeder Bekanntschaft mit Lothar auf der Strasse gemacht. Und so bin ich schon mal in den Köpfen der Menschen gewesen.
Aber der Anfang ist trotzdem zäh. Anfangs gehe ich noch über Tips von Freunden zu Bauernhöfen, später dann klingel ich auf gut Glück. Je grösser der landwirtschaftliche Betrieb, desto schneller und rigoroser das «Nein». Doch am Ende des ersten Tages habe ich unsere erste kleine Wiese gefunden. Egal, dass sie so klein ist, dass es sich eigentlich nicht rendiert dort überhaupt hinzuziehen. Wichtig ist: ein «ja» haben wir gehört (wir, also Piz und ich und somit auch in Gedanken die ganze Herde). Am nächsten Tag geht die Suche weiter. Diesmal mit Johanna, der Schwester meines Patenkindes, die am Vormittag aus eigenem Impuls heraus noch einen Korb voll kleinen Drahtgeflechten gemacht hatte. «Für alle netten Menschen eines « Dieser Tag endet ähnlich wie der erste: wieder ein ganz kleines Stück Wiese dazu.
Vom vielen Reden und Erzählen und Erleutern müde und mit dem Wissen, dass diese ganzen Infos sich ja auch erst mal setzen müssen, zieh ich erstmal wieder zurück auf meinen Berg und zu meinen Ochsen.
Und tatsächlich, ein paar Tagen später fängt sich an was zu regen und mein zweiter Anlauf bringt gleich doppelten Erfolg. Zwei grosse Wiesen werden mir angeboten. Zwei Wiesen, die wahrscheinlich jede für sich allein, über den Sommer reichen müsste.
Und auf einer, auf einer steht gross EVA geschrieben, so passt sie auf alle was ich mir für diesen Sommer gewünscht habe: nah genug an der Baustelle und trotzdem allein, ein kleines Tälchen, fast ohne Nachbarn, mit einem Bach....soooo schön!