Mittwoch, 26. Oktober 2016

So. Unsere vierte Reisesaison ist jetzt offiziell vorbei. Es ist wieder ein Oktober, der sich dem Ende neigt.
Mittlerweile ist zu 90% sicher, dass Lothar eine 5. Saison als Zugtier nicht mehr mitmachen kann. Ein Wunder kann immer noch geschehen und dafür halt ich mich auch noch offen. Dafür stehn die 10%.

Und wie geht es  mit uns weiter? 

Mein erster Impuls war mich ziemlich zu stressen. Denn ich brauch ja dann gleich Arbeit... oder eine Ausbildung....Zeit effizient nutzen...gleich anfangen zu organisieren......

Gott sei Dank hab ich festgestellt, dass diese Gedanken ein Blödsinn waren. Wenn es bisher so mit uns geklappt hat, dann wird es auch in Zukunft weiter klappen. Ohne sich wieder in eine Mühle zu begeben.

Ideen hab ich mittlerweile eigentlich auch schon einige.
Die eine, die alles am Offensten lässt ist die, dass ich mir einfach zwischen der Winterarbeiten eine Wiese pachte, dort meine Wohnkutsche hinstelle, die im Moment noch in Ungarn steht (und Gott sie Dank keine amtlichen Papiere braucht um exportiert zu werden) und mit meinen Ochsen dort bin. Trianiere, lebe, bin.

Dies liese sich ja vielleicht kombinieren mit reinschnuppern in Tätigkeiten, die ich eh gerne mal besser lernen würde. In einer Sattlerei, oder Käserei, oder einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten, der tatsächlich noch Pferdekraft einsetzt, oder irgendwas Handwerkliches.
Oder ich schau, ob es nicht einen bezahlbaren Transporter zu kaufen gibt, der drei Ochsen aufnimmt und mit dem ich dann innerhalb Deutschlands auch mal grössere Distanzen zurücklegen kann um dann an interessanten Orten ein paar Wochen zu bleiben.
Oder ich schau, ob es nicht in den schweizer Bergen schöne Wiesen für uns gibt.
Oder oder oder ?

Auf jeden Fall alles MIT Lothar, so lange er einigermassen ohne Schmerzen laufen kann, mit. Das hat er sich verdient.  


Falls ihr Ideen habt, was ich machen könnte im nächsten Jahr, oder eine schöne Wiese wisst auf der wir auch länger bleiben könnten, dann sagt es mir......ich lass mich sehr gerne inspirieren.

Je länger ich über diesen neuen Abschnitt nachdenke, desto wichtiger ist mir, dass ich weiterhin Zeit habe, um allem, jeder Tätigkeit, die Zeit geben zu können, die sie braucht. Dass ich einen Ort habe, wo ich möglichst allein mit meinen Ochsen bin und jegliche Ablenkung auf einem Minimum halte, wie bisher den Sommer über.

Jetzt, wo ich wieder näher an, oder gar in der «Zivilisation» lebe, fällt mir wieder auf, wie weit mein Leben sich von dem anderer unterscheidet. Im Sommer, unterwegs mit der Kutsche, realisiere ich das gar nicht so.
Doch jetzt, wenn ich in den Morgenstunden draussen bin und alle Leute wohin eilen sehe, dann spür ich es. Oder wenn sich auf mich ein Gefühl zu stülpen versucht jegliche Zeit effektiv zu verplanen und zu nutzen und das möglichst mehrfach.

Nein, nein, danke, da bin ich doch lieber einfach.






Ich weiss nicht, ob es nächstes Jahr einen Blog geben wird. Ich weiss eigentlich noch gar nichts über nächstes Jahr.
Lothar, Max und Milan sind jetzt im Schwarzwald und Piz und ich wieder auf dem Weg nach Davos. Zum alljährlichen Kühe melken und Berg bestaunen.

Ich danke euch wieder fürs Lesen, fürs Begleiten und fürs Mit-Fühlen über den Sommer. Für eure Gedanken und eure Zeit.

Und wie immer auch danke ich dem Leben dafür, dass es so unglaublich gut für mich sorgt, an meiner Seite steht und mich an der Hand nimmt. Dass es mir Weggefärten zur Seite stellt, die besser nicht sein könnten. Und mir zeigt, wie es möglich ist zu sein.

Noch ein paar schöne Bilder

Dieses Jahr hab ich die schönsten Bilder schon in den Blogeinträgen mit eingestellt. Ein paar habe ich aber trotzdem noch gefunden:
der Rauch aus meinem Ofenrohr








ein Kälbchen ganz frei, das andere an die Kutsche gebunden und Lothar sowieso frei laufend. So gehts auf den Waldwegen.




Ochsen werden gross

Mai



Juni









Juli





August

September





Oktober



Montag, 17. Oktober 2016

Max, Milan, Quinn und Johanna

Diese wunderbare Fotoserie mit Max und Milan entstand an unserem vorletzten richtigen Tag on Tour dieses Jahr beim Besuch meines Patenkindes und seiner Schwester.






 






Stubenhocker


Alle Ochsen kennen dieses Jahr ja schon ihren Stall, in dem sie den Winter verbringen werden. So gibt es eigentlich keine Eingewöhnungszeit für sie, sondern alle haben gleich in den Bequem-Modus geschalten.
Die kleinen Steppenrinder Max und Milan, von ihrer Genetik her für ein Leben draussen, für ein Leben ohne Stall und Temperaturen im Winter um -20 Grad und im Sommer bei +40 ausgerüstet, haben mich doch sehr überrascht. Denn diese zwei kleinen Ochsen, die sich langsam in kleine Teddybären verwandeln wegen dem vielen Winterfell, haben sich tatsächlich in absoluten Stubenhocker verwandelt. Wen findet man zu jeder Tages und Nachtszeit im Stall? Max und Milan. Wer frisst und frisst und frisst so viel Heu, dass die Bauchbreite fast der Körperhöhe entspricht? Max und Milan.
Nur mehr ganz selten sind sie draussen anzutreffen und mit ihrem Leben im Stroh liegend durchaus völlig zufrieden.
Mir ist das egal, können sie ja auch tun, sie haben sichs ja auch verdient.
Bis zu diesem Punkt hab ich jedem der es hören wollte erzählt wie geschickt uns super die zwei sind, dass sie schon alles können was sie zum unterwegs Sein brauchen, nur eben die Körpergrösse noch nicht.

Doch mit dem Heu, mit dem Drinnensein und Kuscheligleben hat Max beschlossen, dass er keine Lust mehr hat draussen mit mir unterwegs zu sein. Und das von jetzt auf plötzlich. Er läuft so lang er Lust hat und dann extrem langsam, oder bleibt stehen. Wenn ich ihn antreibe, setzt er den linken Vorderfuss nach vorne, dann den Rechten, dann bleibt er wieder stehen. Uns so weiter und so weiter. Mein erster Gedanke natürlich: «oh Gott, ist er krank? Drehn wir lieber wieder um, vielleicht tut ihm etwas weh.» Doch kaum wird die Richtung in Richtung «warmer Stall voll mit Heu» geändert, läuft er zügig.
Diese Protesgeschwindigkeitsphase haben alle meine Ochsen früher oder später ausprobiert doch hatte ich soooo gehofft, dies bei zwei Tieren umgehen zu können. Bisher war s auch immer so gewesen, dass der Eine den nicht willigen Anderen mitgezogen hat und die Anwesenheit von mir und dem anderem kleinen Ochsen genug Motivation war.
Jetzt aber irgendwie nicht mehr und Milan ist selbst nicht so motiviert sich über Max hinwegzusetzten. Lieber bleibt er einfach mit stehen. Sehr verzwickte Situation. Wie macht man da weiter? Umdrehen ist Lerntechnisch sehr schlecht. Man muss irgendwie über diesen Punkt hinaus und erst wenn sie wieder schneller laufen, darf man umdrehen. Das bedarf List, ganz viel Gleichmut und vor allem ZEIT. Von da an war für Max dieses Verhalten für die letzte gemeinsam Woche Programm.
Einmal hab ich ihn in meiner Not einfach stehen lassen, denn ständiges Auffordern zum laufen, verroht ja auch das Tier, und er wollte sich einfach nicht weiterbewegen. Mühevoll hab ich Milan 150 m weiter bekommen bis Max sich entschied, er wolle doch mitkommen. Danach lief er ein bisschen schneller, immerhin. Sein nächster Versuch war: «Ach, ich hab so gar keine Lust zu laufen, ich leg mich jetzt einfach mal auf die Strasse». Das kann Piz aber gut unterbinden, da es ihr eine grosse Freude macht Ochsen aufzuscheuchen.

Und so sind wir jetzt eigentlich verblieben. Ich hoffe doch sehr, dass Max dieses Verhalten über den Winter wieder vergisst. Ganz arg hoffe ich das. Dann, wenn sie vielleicht nicht mehr ihre ganze Energie in Winterfell und Winterspeckanfressen stecken müssen und in Gemütlich-im-Stroh-liegen, kommt ja vielleicht die Lust am Laufen wieder zurück.

Noch ein Versuch


Wieviel Wirbel hat eine Kuh?

7 Halswirbel, 13 Brustwirbel, 6 Lendenwirbel, danach kommen die 5 Kreuzbeinwirbel und  18-20 Schwanzwirbel. Sp spricht das Inernet
2-6-5 , also 2 Halswirbel, 6 Brustwirbel und 5  Lendenwirbel sind die Anzahl der Wirbel, die bei Lothar ausgerenkt waren.

Meine Schwester geht mit ihren Hunden, von denen beide unter Arthrose leiden zu einem Osteopathen. Dieser kann zwar die Arthrose nicht heilen, aber die Fehlstellung aufgrund falsch liegender Wirbel, die wiederrum Arthrose begünstigen können, beheben. Oder die Schmerzen nehmen, die gar nicht von der Arthrose kommen, aber auf sie zurückgeführt wurden. 
Mein Glück, dass dieser Osteopath im deutschsprachigen Raum umherreist um Tieren zu helfen.
Den Sommer über hab ich ihm erfolglos hinterhertelefoniert, doch jetzt Anfang Oktober  kam ein Termin zustande. Im Nachinein war der Zeitpunkt genau richtig, denn ich hatte schon vermutet, dass Lothar danach erstmal keine Kutsche mehr ziehen darf und bin mit den Ochsen deshalb eine Woche früher wie geplant zurück zum Winterquartier gelaufen um Lothar dort behandeln zu lassen.
Wie das ganze ablaufen würde, davon hatte ich keinerlei Vorstellungen. Wie um Himmels willen renkt man 1 Tonne Lebendigkeit ein, die Menschen nicht unbedingt wohlgesinnt ist? Bei Menschen ist da ja gern ein Ruck dabei und dann viel Knacken. Stelle ich mir das bei Lothar vor ist die nächste Szene die, dass er Tritt und zwar kräftig.
Deshalb hab ich auch bei der Terminabsprache langsam vorgetastet wie es denn mit Tieren aussähe, die sich nicht gern von anderen Leuten anfassen lassen. Doch laut seiner Frau konnten sie bisher alle Tiere behandeln.

Als der Osteopath ein bisschen zu früh kam hatte ich Lothar noch nicht von der Weide geholt und da er keinen bestimmten Platz zum arbeiten brauchte, blieben wir einfach auf der Wiese. Lothar war am Halfter, der Strick in meiner Hand, also eigentlich ein Witz, wenn er flüchten wollen würde. Zuerst wurde die Wirbelsäule Wirbel für Wirbel abetastet und auf seinem Fell markiert, welche nicht in der richtigen Lage sind. Dabei hat Lothar natürlich schon den Kopf nach hinten geworfen, von wegen: « iih, da fast mich jemand an...lass das!», aber er blieb stehen.
Es seien 13 Wirbel ausgerenkt, sagte der Ostoepath. Und das auch noch gegenläufig, d.h. in der vorderen Körperhälfte nach rechts verdreht  und in der Hinteren nach links. Darüberhinaus tastete er noch die Beine ab mit dem Ergebnis dass Lothar in drei von vier Beinen Schmerzen hätte.
Zum Einrenken nahm er dann einen abgerundeten Holzstab und drückte entgegen der Richtung, in der der Wirbel verdreht war seitlich auf ihn drauf, bis sich das Gewebe lockerte und er von selbst zurückglitt. Da war in Lothars Gesicht vielfältiges abzulesen. Von Unwohlsein, zu Wohlsein, zu Ärger, zu Unsicherheit.
Aber tatsächlich hat er nur einmal versucht wirklich auszuweichen in dem er um mich herum ging, aber da stellte sich der Ostheopath einfach auf seine andere Seite und drückte gegen sich, statt von sich weg.

Natürlich hielt sich der Osteopath sehr bedeckt mit Besserungschancen für Lothar. Sicher konnte er nur sagen, dass gegenläufig verdrehte Wirbel sehr schmerzhaft sein können. Und der Körper natürlich versucht dies irgendwie  auszugleichen. Nach 4 -5 Tagen sollten die Schmerzen beim Laufen aber besser werden, wenn sie aus der Wirbelsäule kamen.
Für 8 Wochen später wurde ein weiterer Termin vereinbart, denn einige der lang in falscher Position liegende Wirbel natürlich auch wieder gerne an den gewohnten Platz zurückrutschen.

Dieses Treffen hat in mir natülich wieder ein bisschen die Hoffnung geschürt, dass wir nächstes Jahr weiterlaufen können. Das konnte ich nicht abstellen, obwohl es mir eher unangenehm war. Denn so wage und hoffend war ja mehr oder weniger der ganze Sommer gewesen. Und der war ja eher anstrengend gewesen.

Sonntag, 2. Oktober 2016

Leben. Du. Liebes.


Die letzte Nacht allein mit der Herde unter dem Sternenhimmel. Einen schönen Platz habe ich dafür gewählt mit wunderbarem Blick. So frei. So offen. So viel Liebe. So still. So ruhig. So weit.

Leben, jetzt hast du Lothar und mich vier Jahre geführt, getragen und manchmal sogar verhätschelt. Auf einer Reise wo ich zum ersten Mal in meinem Leben hundertprozentig Ja sagen konnte. Wo ich spürte, dass darin mein Weg ist.

Jetzt hast du entschieden, dass es auf diesem Weg erstmal nicht mehr weiter gehen soll. Und so, wie ich in jeden neuen Tag mich ganz neu eingelassen habe ohne zu wissen wo ich am Abend bin, genauso sollte ich mich jetzt einlassen und fallen lassen auf das was die nächsten Jahre ohne Zugtier mit sich bringen.

Ich muss zugeben, dass mir das schwer fällt.

Bei jedem Weiterziehen mit Lothar wusste ich dass du an meiner Seite stehst und es gut werden wird. Ich hoffe so sehr, dass ich es schaffe dich weiterhin so zu spüren. Ruhig genug zu sein deine Anregungen zu lauschen, offen genug dass du zu mir sprechen kannst.
Denn dann, wenn wir gemeinsam an meinem Leben arbeiten, wird.s gut.

Vertrauen, in dich Leben, das lehrst du mich. Vertrauen dass wenn du uns schon aufhören lässt zu reisen, es einen Grund hat. Dass es jetzt was anderes zu leben gilt.
Eigentlich bin ich auch aufgeregt, freudig und gespannt, was du wohl bringen magst, was du auf Lager hast für uns?
Diese Stimmung gilt es festzuhalten. Nicht gleich wieder in Bahnen denken, in Sicherheiten, in Festhalten, in Gleich-ins-Nächste.

Offen weiterleben. Gespannt und Freudig.