Donnerstag, 30. Juni 2016

Auszug aus dem Kälbertagebuch III


Tag 11:
Nachdem das mit dem Zaun so gut funktioniert, nehme ich jetzt einem Kälbchen alles ab. Zum ersten mal ist einer immer komplett frei. Da schaun sie gleich anders aus. Um das Einfangen nicht unter Stress laufen zu lassen, nehme ich zwar die Stricke in die Hand die es braucht. Streichle aber erst mal  beide. Dann mache ich ganz ruhig den Kälbersrtick um den Hals und mach dann wieder ganz was anderes. Dann erst das Halfter. .Auch wenn das Kälbchen wieder fertig angezogen ist führe ichs nicht gleich weg, sondern streichle noch weiter. Dann erst führe ich ihn zum Anbinden. Das klappt eigentlich sehr gut.
Tag 12:
Laufe zuerst mit Milan, dann mit Max. Dann zusammen. Zusammen sind wir ein sehr weites Stück gelaufen, fast bis zur Quelle. Auf dem Rückweg wollte Max auf einmal nicht mehr laufen. Milan zuerst noch, doch dann auch nicht mehr. Hab Max mit der Peitsche auf den Hintern gehaut, das hat er verstanden, doch nur für ein paar Schritte. Blöde Situation. Als sie wieder mal standen haben beide angefangen zu Pinkeln. War das der Grund? Doch auch danach bekomme ich Max nur mühsam zum laufen. Kein guter Trainingstag. Ich habe auch danach das Gefühl, als wäre Max wie aus einer Hülle herausgefallen, die er sonst um sich herum hatte. Auch bei Milan war das so. Sie waren einfach nicht mehr so ruhig und ausgeglichen. Wieso?
Tag 13/14:
Hab Besuch, also werden sie nur getränkt. Vor allen anderen Menschen haben sie Angst. Der Besuch hat Max die Falsche gegeben, der hat sich aber nur mit meiner Hilfe trinken getraut.
Tag 15:
 Laufe zuerst mit Milan. Sehr zäh. Dann mit Max, der einen besseren Tag hat, aber auch schon besser lief. Nachher zusammen. Das ging sehr gut, doch Milan ist in der Regel viel schneller als Max. Dann kam wieder die Situation: Einspreizen bei Max, nix geht mehr. Woher kommt das? Ein paar Mal hintereinander musste ich ihm mit der Peitsche eines auf den Hintern geben. Dann hat sich Gott sei Dank der Knoten irgendwie gelegt. Ganz wichtig: er hat verstanden was die Peitsche ihm sagen wollte.
Dass nur einer angebunden ist  funktioniert sehr gut. Bisher ist noch keiner weggelaufen vor dem Anbinden. Auch beim Anbinden hat noch keiner gezogen um wegzukommen. Darüber bin ich froh, weil ich noch nicht weiss, wie ich reagieren sollte würden sie versuchen wegzulaufen.
Tag 16.
Alleine laufen sehr mühsam. Zusammen laufen sie schnell. Einer, meist Milan ist immer schneller, das machts mühsam. Entweder einen STÄNDIG stoppen oder den anderen STÄNDIG auffordern schneller zu laufen? Was ist, wenn sich das immer so sein wird, wenn ich zwei Ochsen habe, die in ihrem Tempo grundverschieden sind?
Tag 17:
Jetzt ist offensichtlich, dass sie nur mehr lieber zu zweit laufen, als alleine. Vorher war ich als «Mutter» immer noch genug Ersatz, doch das zählt nicht mehr. Alleine ists jetzt wirklich mühsam. Zwei Schritt gehen, stehen, auffordern, zwei Schritte gehen, stehen....
Es fängt auch langsam an, dass ihr Grundvertrauen nicht mehr so da ist, ihr eigebettet sein in alles. Dadurch gibt es aber auch ein getrenntsein von mir und zum ersten Mal irgenwei ein Misstrauen auch. Schade.
Jetzt haben sies beide geschnallt, dass ein leichtes Peitschentippen am Hintern eine Bewegung nach vorne verursachen soll.
Es stimmt, dass Milan beim weggehen immer die Nase vorne hat, aber Max dafür auch manchmal beim Nachhause gehen. Also sind sie vielleicht doch nicht so grundverschieden.
Villeicht sollte ich mal lange mit ihnen gehen um zu sehen wie sie laufen, wenn sie müde werden? Aber überreizen darf ich auch nichts, denn was mach ich, wenn sie unterwegs irgendwann einfach keine Lust mehr haben?

Wenn sie so schnell sind zu zweit, wie soll ich damit umgehen? Sie ständig zurückhalten, auf die Nase klopfen und ständig «langsam, langsam» sagen?

Ich fange an mir der Beinarbeit. Auf Befehl"gib» möchte ich, dass sie ein bisschen das Gewicht weg von dem Bein nehmen, und dann lob ich.
Heute hat sich Milan zum ersten mal nicht ganz ohne Meckern das Halfter anziehen lassen. Er fängt schon an sein Horn ein bisschen einzusetzten.
Tag 18:
Heute laufe ich zweimal um zu schaun, wie sie laufen wenn sie müde werden.
Morgens waren sie wieder sehr sehr schnell, Milan vorran,  doch auf dem Rückweg sind sie ziemlich gemächlich gegangen. Ich korregiere, mache aber nicht zu viel, um sie nicht zu demotivieren.
In den seltensten Fällen laufen sie Nase auf Nase, doch wenn sies tun dann bekommen sie gleich ein gehöriges Lob.
Am Nachmittag waren sie von Anfang an nicht schnell und waren ein gutes Stück hinter mir. Oft konnte ich ganz entspannt vorne weg laufen, ohne auf sie zu achten. Das ist ein grosser Erfolg!
Eigentlich sind sie sehr interessiert an allem  würden gerne an allem riechen, doch eigentlich scheuche ich sie immer weiter. Bin mir nicht sicher, ob das die richtige Lösung ist, denn vielleicht verderbe ich ihnen dann die Freude, wenn sie nie schnüfflen dürfen? Andererseits weiss ich halt von Lothar, dass wenn ich ihn anfangen lasse was zu machen, dass es sich dann von selber ausweitet.
Ich fange auch an Max und Milan zu tauschen, damit sie sich nicht auf einen Platz gedanklich einfahren.
Beine heben üben wir jetzt täglich.
Manchmal merke ich schon, v.a. bei Milan, dass er auf das Stimmsignal schon regiert, ihn kann man besser lenken und Geschwindigkeiten verändern. Max ist eher einer der ist wie er ist, da kann man nicht viel ändern.
Tag 19.
Heute hatt ich nicht viel Zeit, deshalb bin ich mit ihnen nur zu den grossen Ochsen runter gelaufen. So schön sind sie gelaufen! Langsam und ruhig und ungestresst. Unten habe ich sie dann nur die ganze Zeit angebunden gelassen, damit sie dies als Übung hatten: an einem eher fremden Ort länger angebunden zu sein. Anfangs wars schon aufregend, doch als ich von der Zaunkontrolle wiederkam standen sie ganz entspannt. Abends hab ich dann zum ersten Mal alle beide frei laufen lassen. Erst gegen Mitternacht haben sies verstanden und sind rumgesprungen.
Ich finde es ein gutes Zeichen zu sehen, dass sie nicht von mir davon laufen, wenn ich mit den Seilen komme. Der Kälberstrick ist ihnen ziemlich wurst. Das Halfter haben sie nicht ganz so gerne, das merkt man, aber sie wehren sich nicht, in dem sie weglaufen wollen, sondern eher im Kopfverrenken.

Dienstag, 28. Juni 2016

Bilanz

Ich habe die Rinderpässe der Kälbchen zugeschickt bekommen. Da stand als Rasse drauf: Bison, also habe ich sie wieder zurückgegeben. Mit der dringlichen Bitte  versehen um schnelle Korrektur. Das haben sie sogar gemacht, nur mir nicht Bescheid gegeben, dass die neuen Papiere zur Abholung bereit sind.
Auf den neuen Papieren stand dann, dass sie gefleckt sind, was bei einem einfarbigen Tier nicht der Wahrheit entspricht. Das ist mir aber jetzt auch schon egal.
Als wir mit den Ohrmarken, die ich mit den Papieren bekommen habe, Max und Milan verschönern wollen, fehlt ein Teil einer Ohrmarke von Max. Also wieder Telefon in die Hand und Ersatz bestellen.
Zweimal mache ich beim Amtstierarzt einen Termin für die Zirkuspapiere. Nach halbstündiger Anreise finde ich ihn jeweils nicht vor. «Er hat dringend weg müssen»
Am Telefon möchte ich dann aber immerhin abklären, was ich von ungarischer Amtsseite her alles für Blutuntersuchungen und Papiere brauche für den Transport. Die Antwort: «Da müssen sie [also ich, Eva] die deutschen Behörden anrufen, um herauszufinden was sie wollen»
Das hinterlässt in mehrerer Hinsicht einen komischen Geschmack im Mund: Seid wann braucht es die Vermittlung einer Privatperson in innereuropäischen Tiertransportangelegenheiten, haben die das noch nie gemacht und wie bindend ist das von mir regergierte Ergebnis? Und hat mir nicht erst ein dt. Amtstierarzt  gesagt:» Die Ungarn wissen schon was sie tun müssen und wenn diese die Traces Papiere ausgefüllt haben und ihren Stempel drunter gesetzt haben, dann können sie dt. Amtsärzte eh nichts mehr machen.» ?

Die Zeit in Ungarn ist wirklich schön und gut und macht in vielerlei Hinsicht Sinn, doch wenn ich an die ganzen Sachen denke, die von offizieller Seite in einem gewissen kurzen Zeitrahmen noch erledigt sein müssen, damit ich überhaupt transportieren darf, dann wird mir manchmal ganz übel.
Der «Wurstigkeitsfaktor» der ungarischen Behörden ist durchaus bemerkenswert und manchmal scheint bei einem Gespräch mit einem Stein mehr herauszukommen.
Grumml...

Montag, 13. Juni 2016

Auszug aus dem Kälbertagebuch I:


Max und Milan. Es ist spannend und herausvordernd den Weg ZWEIER kleiner Ochsen zu begleiten. Bei allem was ich mit ihnen mache bin ich dankbar für jede Minute, die ich mit Lothar zusammen war und für die viele Zeit in den Kuhställen. Alles zahlt sich aus. Jede Kuh, jeder Ochse den ich schon am Halfter hatte trägt zu ihrer Ausbildung bei.
So bin ich einigermassen ruhig mit ihnen und wenig im Kopf nachdenkend und konsequent. Trotzdem werd ich wohl viele Fehler machen. Damit ich meine Schritte auch später noch nachvollziehen kann, habe ich angefangen ein Kälbertagebuch zu führen. Das werde ich in Auszügen hier veröffentlichen. Hier noch von den Anfängen:

Tag 1: Vormittags holen wir die Kälbchen. (...) Mit dem Kälberstrick versehen kommen sie ins Auto. Dort sind sie erstaunlich ruhig die ganze Fahrt. Beim Ausladen springt Milan wild umher. Er ist schon so stark, dass ich ihn allein kaum zu halten vermag. Zu  zweit kriegen wir ihn schliesslich unter Kontrolle. Dabei ist er ja erst zwei Monate alt! (...)

Sie werden nun mit dem Kälberstrick angebunden und das wird auch erstmal für die nächsten Tage so bleiben. Beide sind sehr wild. Kennen keinen Elektrozaun.

Zusätzlich zum Strick mache ich ihnen ein Halfter dran und führe den  Kälberstrick durch dessen Schlaufe. So kann der Kälberstrick sich nicht mehr drehen und der Kopf nicht mehr rausrutschen. Im Kälberstrick wird ein Dreher eingebaut, da sich sonst das Seil in sich verdreht, wenn sie darüber steigen.
Milan mit Halfter, Kälberstrick und metallenem "Dreher", da ist er aber schon 3 Monate alt, also kein "kleines Kälbchen" mehr

Arme Kerle.
Es tut im Herzen weh zu sehen, wie ein Tier, welches bisher nur die Freiheit kannt auf einmal angebunden sein muss. Mit nur kleinem Radius. Und von der Mutter getrennt. Da kann ich mir nur vorbeten, dass das der Preis dafür ist, dass sie nicht mit 8 Monaten beim Schlachter landen.
Max und Milan, gerade mal eine Stunde an ihrem neuen Platz. Noch geschockt.

Ich lasse sie in Ruhe.
Sie haben genug neues zum Verdauen. Und auch so kann ihnen die menschliche Anwesenheit noch nichts Postives bringen. Nun müssen sie erstmal lernen was es heisst angebunden zu sein, nur mehr zu Zweit zu sein und unter Menschen.
Abends versuchen wir Max und Milan zum ersten mal zu Tränken. Es braucht zwei Menschen, denn sobald man hinkommt springen sie wild umher. Und natürlich wissen sie noch nicht, dass aus der weissen Flasche was Gutes für sie kommt. Deshalb trinken sie nicht. Was anderes war nicht zu erwarten. (...) Max trinkt einen Liter, zuerst gezwungen, dann freiwillig. Milan wird zu knapp einem Liter gezwungen. Ein Liter ist nicht genug zum wachsen, aber erhält erstmal den Körper, bis der genug hungrig ist um zu verstehen, dass das, was aus der Flasche kommt gut ist.

Tag 2: Max trinkt nach anfänglichem Zwang wieder selber, Milan noch nicht. Wieder nur ein Liter. Danach lass ich sie wieder komplett in Ruhe. Bin aber periphär präsent.
Mittags trinkt Milan zum ersten mal nach anfänglicher Zwangsphase 1 Liter. Max muss es nur noch in Mund reingetan werden, dann trinkt er 1 1 /2 Liter.
Abends: Tränke ich das erstes mal alleine, ohne Hilfe..Max kommt schon zu mir zum trinken. Milan muss noch ein bisschen aufgefordert werden.
Trotzdem bin ich sehr glücklich und erstaunt. Das Tränken habe ich mir schwieriger vorgestellt. Bei einem Kälbchen, welches 2 Monate bei der Mutter war und schon Gras frisst, kann es sich auch als unmöglich herausstellen, es auf Flasche umzustellen. 

Tag 3: Max und Milan trinken alleine bis zu 3 Liter drei mal am Tag. Sonst werden sie aber noch alleine gelassen. Sie springen noch viel umher, wenn man ihnen zu nahe kommt.

Tag 4. Ich fahr nach Deutschland für 20 Tage. In dieser Zeit tränkt ein Freund sie dreimal am Tag für zwei Wochen, danach gibt er ihnen nur zweimal je 3 Liter. Dafür bietet er ihnen Mittags wenns heiss ist Wasser im Eimer an, welches sie annehmen. Ab der zweiten Woche werden Max und Milan draussen angepflockt, dafür wird am Kälberstrick ein 6 Meter langes Seil befestigt. Sie springen viel, doch lernen sie schnell nicht ins Seil reinzulaufen. Endlich wieder mehr Freiheit!
Insgesamt bin ich überaus positiv überrascht von der Intelligenz dieser Rasse!

Dienstag, 7. Juni 2016

Ungarn


Nie hätte ich gedacht jemals wieder in diesem Land zu leben. Doch hier sind wir, Piz und ich. Und das für einige Wochen.
Alles ist noch so bekannt. Die Bäume, die Dörfer, die Landschaft, manchmal scheint mir sogar jeder Grashalm bekannt und jedes Schlagloch.
Doch bin ich nicht in «meinem» Dorf, welches direkt im Dreiländereck Österreich, Slowenien, Ungarn liegt, sondern 20 Minuten mit dem Auto von dort entfernt. Dort lebe ich jetzt bei einer Tanya, das ist eine dem Dorf ausgelagerte Landwirtschaft. Die Menschen, die dort eigentlich wohnen, sind nicht da und freuen sich, wenn jemand dort lebt und die Tiere versorgt.
Nichts hat mich ihr Haus gezogen und so habe ich mein Zelt ein bisschen entfernt unter einem Dach aufgestellt, welches von einem Holzzaun umgeben ist. Dieses Zaunes wegen bin ich dort hingezogen, denn die Ziegen der Tanya laufen frei herum und Ziegen sind interessiert an allem und steigen gerne auf Dinge herauf. Und sie respektieren keinen Elektorzaun. Am liebsten hätte ich mein Camp einfach unter einem Baum  aufgeschlagen in der vielen Landaschaft die es hier runderhum gibt. Doch ein heiles Zelt ist mir wichtiger und eigentlich ist so ein Dach auch nicht unpraktisch für mein ganzes Zeug was ich dabei hab. Fast den ganzen Kutscheninhalt habe ich mit hierher gebracht. Denn alles ist irgendwie praktisch für ein Leben draussen.
Vor dem Dach habe ich meine neuen Familienmitglieder angebunden, die Kälbchen und es brennt ein Feuer.
Morgens und Abends melke ich die Ziegen, lasse die Hühner raus oder rein und füttere den Hund.
Über die viele Ziegenmilch freuen sich meine Kälbchen. Denn das schmeckt besser wie Milchpulver. Und ich gehe in den Garten.
Das Leben hier ähnelt schon sehr meiner früheren Zeit in Ungarn. Damals hab ich eigentlich das selbe getan als jetzt und so fühlt ich mich schon sehr an diese Zeit erinnert. Gerne hab ich diese Arbeiten schon früher gemacht, nur dass ich noch lieber mit Lothar reise.
Wärmer ists hier schon als in Deutschland und es regnet weniger wie den Frühling in Süddeutschland. Und es riecht überall so schön und den Kuckuck, den ich dieses Frühjahr dort im Schwarzwald so vermisst habe, hör ich auch täglich.
Eigentlich dachte ich, dass ich hier erstmal nicht mehr tun werde, als die Natur und meine Kälbchen geniessen, doch schon kommt hier eine Baustelle und dort eine Baustelle...Es freut mich wenn ich meinen alten NachbarInnen und FreundInnen etwas helfen kann und den Kontakten neues Leben geben kann.