Mittwoch, 26. Oktober 2016

So. Unsere vierte Reisesaison ist jetzt offiziell vorbei. Es ist wieder ein Oktober, der sich dem Ende neigt.
Mittlerweile ist zu 90% sicher, dass Lothar eine 5. Saison als Zugtier nicht mehr mitmachen kann. Ein Wunder kann immer noch geschehen und dafür halt ich mich auch noch offen. Dafür stehn die 10%.

Und wie geht es  mit uns weiter? 

Mein erster Impuls war mich ziemlich zu stressen. Denn ich brauch ja dann gleich Arbeit... oder eine Ausbildung....Zeit effizient nutzen...gleich anfangen zu organisieren......

Gott sei Dank hab ich festgestellt, dass diese Gedanken ein Blödsinn waren. Wenn es bisher so mit uns geklappt hat, dann wird es auch in Zukunft weiter klappen. Ohne sich wieder in eine Mühle zu begeben.

Ideen hab ich mittlerweile eigentlich auch schon einige.
Die eine, die alles am Offensten lässt ist die, dass ich mir einfach zwischen der Winterarbeiten eine Wiese pachte, dort meine Wohnkutsche hinstelle, die im Moment noch in Ungarn steht (und Gott sie Dank keine amtlichen Papiere braucht um exportiert zu werden) und mit meinen Ochsen dort bin. Trianiere, lebe, bin.

Dies liese sich ja vielleicht kombinieren mit reinschnuppern in Tätigkeiten, die ich eh gerne mal besser lernen würde. In einer Sattlerei, oder Käserei, oder einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten, der tatsächlich noch Pferdekraft einsetzt, oder irgendwas Handwerkliches.
Oder ich schau, ob es nicht einen bezahlbaren Transporter zu kaufen gibt, der drei Ochsen aufnimmt und mit dem ich dann innerhalb Deutschlands auch mal grössere Distanzen zurücklegen kann um dann an interessanten Orten ein paar Wochen zu bleiben.
Oder ich schau, ob es nicht in den schweizer Bergen schöne Wiesen für uns gibt.
Oder oder oder ?

Auf jeden Fall alles MIT Lothar, so lange er einigermassen ohne Schmerzen laufen kann, mit. Das hat er sich verdient.  


Falls ihr Ideen habt, was ich machen könnte im nächsten Jahr, oder eine schöne Wiese wisst auf der wir auch länger bleiben könnten, dann sagt es mir......ich lass mich sehr gerne inspirieren.

Je länger ich über diesen neuen Abschnitt nachdenke, desto wichtiger ist mir, dass ich weiterhin Zeit habe, um allem, jeder Tätigkeit, die Zeit geben zu können, die sie braucht. Dass ich einen Ort habe, wo ich möglichst allein mit meinen Ochsen bin und jegliche Ablenkung auf einem Minimum halte, wie bisher den Sommer über.

Jetzt, wo ich wieder näher an, oder gar in der «Zivilisation» lebe, fällt mir wieder auf, wie weit mein Leben sich von dem anderer unterscheidet. Im Sommer, unterwegs mit der Kutsche, realisiere ich das gar nicht so.
Doch jetzt, wenn ich in den Morgenstunden draussen bin und alle Leute wohin eilen sehe, dann spür ich es. Oder wenn sich auf mich ein Gefühl zu stülpen versucht jegliche Zeit effektiv zu verplanen und zu nutzen und das möglichst mehrfach.

Nein, nein, danke, da bin ich doch lieber einfach.






Ich weiss nicht, ob es nächstes Jahr einen Blog geben wird. Ich weiss eigentlich noch gar nichts über nächstes Jahr.
Lothar, Max und Milan sind jetzt im Schwarzwald und Piz und ich wieder auf dem Weg nach Davos. Zum alljährlichen Kühe melken und Berg bestaunen.

Ich danke euch wieder fürs Lesen, fürs Begleiten und fürs Mit-Fühlen über den Sommer. Für eure Gedanken und eure Zeit.

Und wie immer auch danke ich dem Leben dafür, dass es so unglaublich gut für mich sorgt, an meiner Seite steht und mich an der Hand nimmt. Dass es mir Weggefärten zur Seite stellt, die besser nicht sein könnten. Und mir zeigt, wie es möglich ist zu sein.

Noch ein paar schöne Bilder

Dieses Jahr hab ich die schönsten Bilder schon in den Blogeinträgen mit eingestellt. Ein paar habe ich aber trotzdem noch gefunden:
der Rauch aus meinem Ofenrohr








ein Kälbchen ganz frei, das andere an die Kutsche gebunden und Lothar sowieso frei laufend. So gehts auf den Waldwegen.




Ochsen werden gross

Mai



Juni









Juli





August

September





Oktober



Montag, 17. Oktober 2016

Max, Milan, Quinn und Johanna

Diese wunderbare Fotoserie mit Max und Milan entstand an unserem vorletzten richtigen Tag on Tour dieses Jahr beim Besuch meines Patenkindes und seiner Schwester.






 






Stubenhocker


Alle Ochsen kennen dieses Jahr ja schon ihren Stall, in dem sie den Winter verbringen werden. So gibt es eigentlich keine Eingewöhnungszeit für sie, sondern alle haben gleich in den Bequem-Modus geschalten.
Die kleinen Steppenrinder Max und Milan, von ihrer Genetik her für ein Leben draussen, für ein Leben ohne Stall und Temperaturen im Winter um -20 Grad und im Sommer bei +40 ausgerüstet, haben mich doch sehr überrascht. Denn diese zwei kleinen Ochsen, die sich langsam in kleine Teddybären verwandeln wegen dem vielen Winterfell, haben sich tatsächlich in absoluten Stubenhocker verwandelt. Wen findet man zu jeder Tages und Nachtszeit im Stall? Max und Milan. Wer frisst und frisst und frisst so viel Heu, dass die Bauchbreite fast der Körperhöhe entspricht? Max und Milan.
Nur mehr ganz selten sind sie draussen anzutreffen und mit ihrem Leben im Stroh liegend durchaus völlig zufrieden.
Mir ist das egal, können sie ja auch tun, sie haben sichs ja auch verdient.
Bis zu diesem Punkt hab ich jedem der es hören wollte erzählt wie geschickt uns super die zwei sind, dass sie schon alles können was sie zum unterwegs Sein brauchen, nur eben die Körpergrösse noch nicht.

Doch mit dem Heu, mit dem Drinnensein und Kuscheligleben hat Max beschlossen, dass er keine Lust mehr hat draussen mit mir unterwegs zu sein. Und das von jetzt auf plötzlich. Er läuft so lang er Lust hat und dann extrem langsam, oder bleibt stehen. Wenn ich ihn antreibe, setzt er den linken Vorderfuss nach vorne, dann den Rechten, dann bleibt er wieder stehen. Uns so weiter und so weiter. Mein erster Gedanke natürlich: «oh Gott, ist er krank? Drehn wir lieber wieder um, vielleicht tut ihm etwas weh.» Doch kaum wird die Richtung in Richtung «warmer Stall voll mit Heu» geändert, läuft er zügig.
Diese Protesgeschwindigkeitsphase haben alle meine Ochsen früher oder später ausprobiert doch hatte ich soooo gehofft, dies bei zwei Tieren umgehen zu können. Bisher war s auch immer so gewesen, dass der Eine den nicht willigen Anderen mitgezogen hat und die Anwesenheit von mir und dem anderem kleinen Ochsen genug Motivation war.
Jetzt aber irgendwie nicht mehr und Milan ist selbst nicht so motiviert sich über Max hinwegzusetzten. Lieber bleibt er einfach mit stehen. Sehr verzwickte Situation. Wie macht man da weiter? Umdrehen ist Lerntechnisch sehr schlecht. Man muss irgendwie über diesen Punkt hinaus und erst wenn sie wieder schneller laufen, darf man umdrehen. Das bedarf List, ganz viel Gleichmut und vor allem ZEIT. Von da an war für Max dieses Verhalten für die letzte gemeinsam Woche Programm.
Einmal hab ich ihn in meiner Not einfach stehen lassen, denn ständiges Auffordern zum laufen, verroht ja auch das Tier, und er wollte sich einfach nicht weiterbewegen. Mühevoll hab ich Milan 150 m weiter bekommen bis Max sich entschied, er wolle doch mitkommen. Danach lief er ein bisschen schneller, immerhin. Sein nächster Versuch war: «Ach, ich hab so gar keine Lust zu laufen, ich leg mich jetzt einfach mal auf die Strasse». Das kann Piz aber gut unterbinden, da es ihr eine grosse Freude macht Ochsen aufzuscheuchen.

Und so sind wir jetzt eigentlich verblieben. Ich hoffe doch sehr, dass Max dieses Verhalten über den Winter wieder vergisst. Ganz arg hoffe ich das. Dann, wenn sie vielleicht nicht mehr ihre ganze Energie in Winterfell und Winterspeckanfressen stecken müssen und in Gemütlich-im-Stroh-liegen, kommt ja vielleicht die Lust am Laufen wieder zurück.

Noch ein Versuch


Wieviel Wirbel hat eine Kuh?

7 Halswirbel, 13 Brustwirbel, 6 Lendenwirbel, danach kommen die 5 Kreuzbeinwirbel und  18-20 Schwanzwirbel. Sp spricht das Inernet
2-6-5 , also 2 Halswirbel, 6 Brustwirbel und 5  Lendenwirbel sind die Anzahl der Wirbel, die bei Lothar ausgerenkt waren.

Meine Schwester geht mit ihren Hunden, von denen beide unter Arthrose leiden zu einem Osteopathen. Dieser kann zwar die Arthrose nicht heilen, aber die Fehlstellung aufgrund falsch liegender Wirbel, die wiederrum Arthrose begünstigen können, beheben. Oder die Schmerzen nehmen, die gar nicht von der Arthrose kommen, aber auf sie zurückgeführt wurden. 
Mein Glück, dass dieser Osteopath im deutschsprachigen Raum umherreist um Tieren zu helfen.
Den Sommer über hab ich ihm erfolglos hinterhertelefoniert, doch jetzt Anfang Oktober  kam ein Termin zustande. Im Nachinein war der Zeitpunkt genau richtig, denn ich hatte schon vermutet, dass Lothar danach erstmal keine Kutsche mehr ziehen darf und bin mit den Ochsen deshalb eine Woche früher wie geplant zurück zum Winterquartier gelaufen um Lothar dort behandeln zu lassen.
Wie das ganze ablaufen würde, davon hatte ich keinerlei Vorstellungen. Wie um Himmels willen renkt man 1 Tonne Lebendigkeit ein, die Menschen nicht unbedingt wohlgesinnt ist? Bei Menschen ist da ja gern ein Ruck dabei und dann viel Knacken. Stelle ich mir das bei Lothar vor ist die nächste Szene die, dass er Tritt und zwar kräftig.
Deshalb hab ich auch bei der Terminabsprache langsam vorgetastet wie es denn mit Tieren aussähe, die sich nicht gern von anderen Leuten anfassen lassen. Doch laut seiner Frau konnten sie bisher alle Tiere behandeln.

Als der Osteopath ein bisschen zu früh kam hatte ich Lothar noch nicht von der Weide geholt und da er keinen bestimmten Platz zum arbeiten brauchte, blieben wir einfach auf der Wiese. Lothar war am Halfter, der Strick in meiner Hand, also eigentlich ein Witz, wenn er flüchten wollen würde. Zuerst wurde die Wirbelsäule Wirbel für Wirbel abetastet und auf seinem Fell markiert, welche nicht in der richtigen Lage sind. Dabei hat Lothar natürlich schon den Kopf nach hinten geworfen, von wegen: « iih, da fast mich jemand an...lass das!», aber er blieb stehen.
Es seien 13 Wirbel ausgerenkt, sagte der Ostoepath. Und das auch noch gegenläufig, d.h. in der vorderen Körperhälfte nach rechts verdreht  und in der Hinteren nach links. Darüberhinaus tastete er noch die Beine ab mit dem Ergebnis dass Lothar in drei von vier Beinen Schmerzen hätte.
Zum Einrenken nahm er dann einen abgerundeten Holzstab und drückte entgegen der Richtung, in der der Wirbel verdreht war seitlich auf ihn drauf, bis sich das Gewebe lockerte und er von selbst zurückglitt. Da war in Lothars Gesicht vielfältiges abzulesen. Von Unwohlsein, zu Wohlsein, zu Ärger, zu Unsicherheit.
Aber tatsächlich hat er nur einmal versucht wirklich auszuweichen in dem er um mich herum ging, aber da stellte sich der Ostheopath einfach auf seine andere Seite und drückte gegen sich, statt von sich weg.

Natürlich hielt sich der Osteopath sehr bedeckt mit Besserungschancen für Lothar. Sicher konnte er nur sagen, dass gegenläufig verdrehte Wirbel sehr schmerzhaft sein können. Und der Körper natürlich versucht dies irgendwie  auszugleichen. Nach 4 -5 Tagen sollten die Schmerzen beim Laufen aber besser werden, wenn sie aus der Wirbelsäule kamen.
Für 8 Wochen später wurde ein weiterer Termin vereinbart, denn einige der lang in falscher Position liegende Wirbel natürlich auch wieder gerne an den gewohnten Platz zurückrutschen.

Dieses Treffen hat in mir natülich wieder ein bisschen die Hoffnung geschürt, dass wir nächstes Jahr weiterlaufen können. Das konnte ich nicht abstellen, obwohl es mir eher unangenehm war. Denn so wage und hoffend war ja mehr oder weniger der ganze Sommer gewesen. Und der war ja eher anstrengend gewesen.

Sonntag, 2. Oktober 2016

Leben. Du. Liebes.


Die letzte Nacht allein mit der Herde unter dem Sternenhimmel. Einen schönen Platz habe ich dafür gewählt mit wunderbarem Blick. So frei. So offen. So viel Liebe. So still. So ruhig. So weit.

Leben, jetzt hast du Lothar und mich vier Jahre geführt, getragen und manchmal sogar verhätschelt. Auf einer Reise wo ich zum ersten Mal in meinem Leben hundertprozentig Ja sagen konnte. Wo ich spürte, dass darin mein Weg ist.

Jetzt hast du entschieden, dass es auf diesem Weg erstmal nicht mehr weiter gehen soll. Und so, wie ich in jeden neuen Tag mich ganz neu eingelassen habe ohne zu wissen wo ich am Abend bin, genauso sollte ich mich jetzt einlassen und fallen lassen auf das was die nächsten Jahre ohne Zugtier mit sich bringen.

Ich muss zugeben, dass mir das schwer fällt.

Bei jedem Weiterziehen mit Lothar wusste ich dass du an meiner Seite stehst und es gut werden wird. Ich hoffe so sehr, dass ich es schaffe dich weiterhin so zu spüren. Ruhig genug zu sein deine Anregungen zu lauschen, offen genug dass du zu mir sprechen kannst.
Denn dann, wenn wir gemeinsam an meinem Leben arbeiten, wird.s gut.

Vertrauen, in dich Leben, das lehrst du mich. Vertrauen dass wenn du uns schon aufhören lässt zu reisen, es einen Grund hat. Dass es jetzt was anderes zu leben gilt.
Eigentlich bin ich auch aufgeregt, freudig und gespannt, was du wohl bringen magst, was du auf Lager hast für uns?
Diese Stimmung gilt es festzuhalten. Nicht gleich wieder in Bahnen denken, in Sicherheiten, in Festhalten, in Gleich-ins-Nächste.

Offen weiterleben. Gespannt und Freudig.

Montag, 26. September 2016

Stau auf der B294


Ja, wir waren es. Ich gebs zu. Aber was hätte ich tun sollen? Der Kinzigtal Radweg verfügt über wunderschöne Abschnitte, weg von Bahn und Bundesstrasse, aber da, wo das Tal enger wird, verläuft er auch mal direkt an der Bundesstrasse. Nicht zu meinem Vergnügen, aber versprochen ist versprochen und so bleibe ich Lothar zu liebe im Tal. Auch wenn es mal ungemütlich wird für mich.
Ja und wenn dann - wie irgendwie häufig gerade anzufinden - auf dieser Bundesstrasse auch noch gebaut wird, der Fahrradweg auf Fussgängerbreite und zwei Fahrbahnen auf eine verengt werden, dann müssen auch wir uns einreihen vor der Ampel. Nie und nimmer kommen wir mit einer Grünschaltung durch die Baustelle durch. Selbst wenn Lothar in der Geraden eh mit seinem «Turbo» läuft, sprich auch mal 5km/h. Und so hoffe ich beim Reinlaufen in so eine Engstelle immer, dass sie kurz genug ist, dass mich die entgegenkommenden Autos und LKW sehen, BEVOR sie mir bei ihrem Grün entgegenfahren würden. Denn diese doch ziemlich auswegslose Situation mag ich mir gar nicht ausmalen.
In so einer Situation gilt es auf Gleichmut zu schalten und sich klar zu machen, dass man durchaus auch ein Recht hat hier zu sein.
Und so laufen wir also los, bei unserem Grün. Links die Baustelle mit Absperrgitter, rechts die geschlossene Leitplanke. Gut, dass sich hinter mir gleich ein grosser LKW einreiht in unsere 5 km/h, denn so werden wir früher von der Gegenseite gesehen. Schon bald sehe ich das Ende, ein Glück, dass die Baustelle nur so kurz ist. Hinter mir baut sich ich eine lange Schlange an LKWs und Autos auf, deren Vielzahl mir erst dadurch erklärt wird, dass wir wohl schon die zweite Grünphase durchlaufen. Und vor mir sehe ich die gegenüberliegende Ampel und dahinter LKW, Autos, LKW, Autos, LKW, LKW, LKW, Autos.....naja, einfach lächeln.
Und dann sind wir auch schon durch und biegen vor dem Stau wieder nach links auf den wieder befahrbaren Radweg ab und laufen weiter. An all den Wartenden vorbei. Tun so, als wären wir sicher nicht der Grund für ihr Warten gewesen. Ist heut nicht ein schöner Tag?

Gespräche mit Lothar


Erst seid diesem Jahr höre ich öfter von einer Sache die sich «interspecies communication» nennt. Also Gesprächen zwischen Menschen und allem was sonst irgendwie Leben hat. Über eine Südafrikanerin, Anna Breytenbach, gibt es auch einen Dokumentarfilm. Wirklich viel konnte ich weiter dadrüber nicht in Erfahrung bringen, denn mein Reisjahr ging wieder los und ich somit erstmal wieder abgeschnitten von Internet und Co. Doch trotzdem schaffte dieses  Thema seinen weg zu mir an mein Camp und jetzt mit der ganzen Thematik um Lothar dachte ich, dass es sich vielleicht lohnen würde jemand ins Gespräch mit Lothar zu bitten.
Die Frau bekam von mir drei Fotos von Lothar, sein Geburtsdatum und wie lange er schon bei mir ist. Und meinen Fragen, die ich an ihn habe.
Den Brief bekam ich zurück.

Liebe Eva,
hier ist nun das, was ich von Lothar bekommen habe:
Körpergefühle:
Wenn ich mich in Lothar hineinfühle, spüre ich seinen linken Hinterfuß, gleich, als ich mich mit ihm verbunden habe. Ich spüre seine vorderen Fußballen innerlich bis zu den Zehen, die sich vorne kalt anfühlen. Es ist ein Stechen/ein Ziehen, ein Druck innerlich, auch ohne Belastung spüre ich es die ganze Zeit pulsierend, nicht stark, aber doch da und unangenehm. Innerlich fühlt es sich warm an in diesem Bereich und vorne in den Zehen eiskalt (Durchblutung?) Es ist, als hätte ich einen Krampf im vorderen Bereich des Fußes und auch ein leichtes Taubheitsgefühl zwischendurch. Ich habe das Gefühl, als müsste ich die Zehen bewegen oder den Fuß irgendwie stark in den Boden drücken, um dieses Gefühl, diesen Krampf loszuwerden. Es ist auch ein Gefühl, als wären die Zehen, der vordere Teil des Fußes in einen zu engen Schuh zusammengedrückt (Ich spüre auch vermehrt den Bereich des Wurzelgelenks innenseitig, wo der Mensch den Hallux Valgus hat.) und hätte keine Möglichkeit, sich nach links und rechts auszubreiten, zu lockern. Um zu entlasten habe ich das Gefühl, vorne innenseitig gar nicht auftreten zu wollen, also den Fuß etwas nach links außen zur Seite zu kippen, dann ist es etwas besser… (Ich versuche das Gefühl hier ganz genau zu beschreiben, so wie ich es in meinem Körper spüre.) Wenn ich mich weiter hineinfühle, spüre ich seine Lendenwirbelsäule, eine Blockade mittig im Kreuzdarmbeingelenk, die in die Hüften zieht. Die rechte Hüfte spüre ich mehr. Auch die Knie und Sprunggelenke sind überlastet und hier spüre ich es vor allem linksseitig im Sprunggelenk ziemlich, aber auch im Knie und im Oberschenkel innenseitig einen Druck. Auch die Hinterbeine fühlen sich schwächer an. Oben entlang der Lendenwirbelsäule bis zum Schwanzansatz ist es warm innerlich und ich spüre ein leichtes Brennen auf und unter der Haut, als ob hier etwas reibt oder leicht entzündet ist. Ich spüre weiterhin eine Blockade in der Brustwirbelsäule mittig, die links und rechts in den Bereich der Rippen/Nieren ausstrahlt. Die Schultern und der Nacken sind sehr verspannt. Ich spüre insgesamt eine Schwäche vorne in den Beinen aus der Wirbelsäule/Schultern heraus. Ich spüre vor allem die rechte Schulter im Gelenk, aber auch den Oberarm im Muskel (hier brennt es leicht innerlich und fühlt sich warm an) bis zum Ellenbogengelenk. Beide und die Fesselgelenke fühlen sich etwas überlastet an und ich spüre in den Füßen/Zehen vorne ein Kribbeln. Ich spüre den Nacken, hier eine Blockade im unteren Halswirbelbereich, die in die Schultern, aber auch den Hinterkopf zieht und ich spüre einen Druck in den Ohren (links mehr), ein leichtes Brennen, und so, als ob er nicht mehr ganz so gut hört. Ich spüre vorne unten links einen Zahn? Ein leichtes Ziehen in diesem Bereich. Außerdem sieht Lothar leicht verschwommen und ich spüre das Schlucken, wie einen Kloß im Hals, aber auch ein leichtes Brennen im Hals innerlich. Er atmet nicht ganz durch (was durch die Blockade in der Brustwirbelsäule bedingt sein kann, und ich spüre einen Druck, eine Enge im Bereich der unteren Rippen, auch ein leichtes Brennen hier unter und auf der Haut, so, als würde da etwas reiben von außen. Ich spüre links in der Brust manchmal ein leichtes Ziehen, einen Druck/eine Schwere (Herz?) und ich spüre außerdem ein leichtes Brennen innerlich, eine Empfindlichkeit im mittleren Bauchbereich (Magen?), aber auch links und rechts davon einen leichten Druck (Milz?Leber?).
Allgemein/Gespräch:
Lothar ist unglaublich ruhig und gelassen und präsent, als ich mit ihm Kontakt aufnehme. Er kaut und es ist schon, diese Kraft und Gelassenheit in ihm zu spüren. Man möchte sich fallenlassen in seiner Nähe, einfach nur sein, spüren, diese Energie in sich aufsaugen. Lothar ist ruhig und vertrauensvoll, doch weiß er genau, was er will und tut auch nur das, was er soll bzw. auch einsieht… und andernfalls auch Vieles Dirzuliebe J Er vermeidet unnötige Bewegung, Anstrengung, ist gemütlich, aber auch skeptisch, was fremde Menschen angeht. Auch mich schaut er erst mal ganz lange an, bevor er beschließt, mir zu vertrauen! Lothar und du, Ihr seid sehr tief verbunden. Es ist vielleicht wie bei einem alten Ehepaar. Man versteht sich ohne Worte, kennt die Schwächen und Gedanken des anderen, respektiert sich, aber sagt sich auch mal die Meinung. Oskar ist milde geworden, fast weise, ach, was sage ich, schon immer… Er hat nicht nur gute Erfahrungen mit Menschen und er ist unglaublich dankbar für diese Partnerschaft, für den Respekt, die Eigenheiten des anderen, dass er einfach Sein darf, erzählt er mir! Es ist ein unglaubliches Geschenk! (Und währenddessen habe ich immer das Gefühl, dass er kaut und er hat eine unglaublich dunkle Stimme, sehr angenehm. Und eben diese Ruhe bei allem, die uns Menschen oft so fehlt. Ich verstehe, was du bei ihm fühlst und dass es Momente gibt, wo man nichts weiter braucht, als diese Nähe und die Natur um sich herum. Es ist fast meditativ. So geerdet, so kraftvoll in ihm, in seiner Nähe. Das Gefühl von Verbindung mit allem, was ist.) Lothar spürt deine Sorgen, was ihn betrifft und ja, er sagt, er möchte einfach ausruhen jetzt, um neue Kraft zu tanken. Er zeigt mir eine Wiese/Weide. „Es war ein langer Weg…“ Nein, er kann sich nicht vorstellen, einfach damit aufzuhören jetzt… dich einfach nicht mehr zu begleiten, doch die Pausen müssen länger sein… „Ich werde älter und spüre meinen Körper hier und da… Nein, ich bin kein Jammerlappen, aber manchmal werden die Berge inzwischen zu hoch… „Ich brauch einfach mehr Pausen/Pause… dann geht’s schon wieder…“ wiegelt er ab… und ja, auch für dich, um dich zu beruhigen. Er ist so dankbar für alles, was er sehen und lernen durfte und überhaupt… (hier spüre ich irgendwie Tränen hinter seinen Augen drücken… Er räuspert sich… Gefühle so zuzulassen, wäre ihm äußerst peinlich. Schade ist nur, dass wir nicht so viel Mimik haben… um all das auszudrücken, was uns bewegt… Vielleicht fällt es den Menschen deshalb leichter, unsereins Gefühle abzusprechen und uns so zu behandeln… sagt er nachdenklich)… Er weiß, dass du ihn brauchst und er möchte für dich stark sein, dich begleiten, so wie immer. „Ich weiß nur nicht, ob ich das immer so kann, wie jetzt… vielleicht anders. Aber ich werde immer bei dir sein, das weiß ich.“ Er liebt, wie du mit ihm redest und überhaupt, deine unbeschwerte Art, alles irgendwie zu nehmen und wieder gut zu machen/zu richten, erzählt er mir. Er liebt dein Lachen und dein Schweigen und Ihr habt viel geschwiegen zusammen... „Und doch so viel gesagt… Das war schön.“ Normalerweise ist und war er immer unglaublich cool, nun, wie gesagt, machen deine Gedanken und sein Bein immer wieder Sorgen… UND… er mag keinen Tierarzt und alles, was damit zusammenhängt, vertraut nicht, wenn an ihm irgendwas gemacht wird und auch wenn er groß und stark ist, ist er doch unglaublich sensibel…
Fragen:
Möchte/kann er weiter mit uns auf Reisen sein?
„Ich hoffe doch… Brauche nur Pause. Etwas Ausruhen im Moment… Dann geht’s schon wieder. Ganz bestimmt.“ Und hier klingt das wie Schlüssel klappern im Keller, wenn man Angst hat… etwas zu laut. Er übertönt seine und deine Bedenken… „es muss einfach!“ Etwas anderes möchte er gar nicht zulassen. „Was dann?“ Jaaaa, er genießt Zeiten den Müßiggangs auf der Wiese, aber dann muss er wieder los, zieht es ihn weiter, vor allem für dich… Ihr seid eins… „Das kann doch jetzt nicht vorbei sein?“ kommt bei mir an… (von dir oder von ihm?) „Wir müssen nur längere Pausen machen!“
Hat er starke Schmerzen? Ist er noch wo anders beeinträchtigt als in seinem Bein hinten links?
Siehe Körpergefühle! „Nun, angenehm ist es nicht. Ich spüre es im Moment die ganze Zeit! Ansonsten hier und da, aber nicht der Rede wert. Das Bein nervt immer wieder…“ (Er ist kein Jammerlappen… du auch nicht… solange es irgend geht!)
Wie kann ich ihm über das hinaus was ich schon mache, helfen?
Hast du schon mal mit Heilpilzen gearbeitet? … Ich habe damit sehr gute Erfahrungen! (Außerdem unterstützend mit meinen Heilreisen/energetischen Behandlungen.) Ansonsten weiß ich nicht, ob ihm nicht vielleicht ein leichtes Schmerz- bzw. entzündungshemmendes Mittel helfen und einfach gut tun würde… Viele Tiere müssen im Alter etwas nehmen und es verschafft ihnen einfach Erleichterung und eine Verbesserung der Lebensqualität…
Möchte er etwas bezüglich unseres Reisens oder des Winterquartiers ändern und wenn ja, was?
Lothar möchte noch nicht aufs „Abstellgleis!“, dafür ist er vom Kopf her einfach noch zu sehr da und gar nicht mehr mit dir unterwegs sein, kann er sich im Moment nicht vorstellen… auch nicht eingestehen! „Vielleicht weniger… mit größeren Pausen dazwischen!“… sagt er immer wieder. Vielleicht gibt es die Möglichkeit von deiner Planung her? „Ansonsten alles, wie bisher…“ sagt er ein wenig aufgesetzt zuversichtlich… „Passt alles!“
Hat er etwas was er mich wissen lassen möchte?
Er schaut mich lange und intensiv an und man könnte in seinem Blick versinken, in diesen Augen. Er sagt… „Wenn ich irgendwann nicht mehr dabei sein kann… bin ich trotzdem da. Gehe diesen Weg weiter. Du bist ein ganz besonderer Mensch. Ich bin so stolz auf uns und das, was wir bewegt haben… in den Herzen der Menschen. Du bist wie ich! Wir lassen uns nicht verbiegen! Wir folgen immer unserem Gefühl… und lieben die Freiheit. Danke, dass du das möglich gemacht hast. Es ist ein Gefühl, was für immer bleibt. Liebe.“

Samstag, 17. September 2016

Ein guter Ort umzudrehen


Es ist Mitte September, auch wenn die Temperaturen noch Sommer angeben, so zeigt der Kalender was anderes.  Zum ersten mal wird Lothar wieder in das selbe Winterquartier gehen als im Vorjahr. Und Max und Milan werden ihm dort Gesellschaft leisten. Irgendwann ist es also an der Zeit Richtung dorthin aufzubrechen. Ein ruhiger September im Vergleich, denn die letzten drei Jahre ging es in dieser Zeit intensiv um Winterquartiersuche. Das bleibt mir dieses Jahr erspart.

Einen Betrieb, von dem ich letztes Jahr schön hörte, wollte ich aber noch besuchen. Am Rande vom Schwarzwald gibt es eine junge Familie die Büffel züchtet und deren Milch verkäst. Eine grosse Steigung trennte uns nur noch von ihnen, die hat Lothar aber mit Bravour gemeistert.
Wasserbüffel sind wunderschöne Tiere und passen mit ihrer extremen Langsamkeit irgendwie zu Lothar und dadurch zu uns. In einem normalen Laufstall werden sie gehalten und laufen auch in einen 4x4 Melkstand. Nur dass der ein bisschen breiter gemacht wurde, damit diese massigen Tiere auch Platz haben. Und noch ein Unterschied gibts zum «normalen» Laufstall: im Auslauf befindet sich eine Sprenkelanlage, die ihnen Kühlung verschafft an den warmen Spätsommertagen. 
Wirklich schöne Tier und auf einem interessanter Betrieb. Und zwei Menschen die ein völlig anderes Leben leben als ich. Stallbau, Kinder, Betriebsaufbau....alles zur selben Zeit.
Ich darf mir alles anschauen und glücklicherweise haben sie auch noch ein Stück Wiese im Wald, wo es neben Schatten auch noch ein bisschen grüne Wiese gibt. Da oben ist sonst alles schon braun. Also bleiben wir zwei Tage.
Diesen Ort finde ich passend um langsam wieder Richtung Winter zu starten.

Die Zeit hat etwas endliches. Denn ich bin mir nicht sicher, ob Lothar uns noch eine weitere Saison ermöglichen kann. Er hat zum dritten mal dieses Jahr Schmerzen und Schwellung im Bein und auch wenn er nach dem Warmlaufen wieder schmerzfrei läuft, sind wir doch an einem Punkt angelangt, wo ich mir nicht sicher bin, ob ich das weiter verantworten kann. 
Ich würde gerne weiterziehen die nächsten Jahre und ich denke ich kann so für Piz, Max und Milan auch sprechen, aber für meinen grossen, wunderschönen, schwarzweissen Weggefährten?

Die Zeit hat etwas endliches. Ganz schön an meine Substanz geht und ging mir die Situation mit Lothar, seinem Bein, und der Möglichkeit des Endes.
Doch endlich bin ich auch ruhig mit allem wie es ist. Zum ersten Mal diesen Sommer eigentlich - ruhig. Weiss gar nicht, woher das auf einmal kommt, aber ich bin sehr dankbar dafür.

Ich werde versuchen den Rückweg schön flach für Lothar zu gestalten, werden wohl durch das Kinzigtal den Schwarzwald von Ost nach West durchwandern. Und wir werden einfach mal die nächsten Wochen versuchen noch in allen Zügen zu geniessen. Das Zusammensein, das Untwegs sein, die Verbundenheit in unserer gemeinsamen Reise, im Laufen, im Striegeln, im Anschirren, im gemeinsam sich das Camp teilen. In Wertschätzung und Dankbarkeit füreinander.

Samstag, 10. September 2016

Karawane


Auf einmal, plötzlich, kam die unvorhergesehne Vermehrung aller Lebewesen. Da grasen zwei Pferde direkt neben drei Ochsen, da spielen zwei Hunde miteiander, oder versuchen es zumindest, es stehen zwei Zelte. Aber es bleibt bei einem Feuer.
Drei Ochsen, zwei Pferde, zwei Hunde, drei Frauen.
Freundinnen von mir fahren in ihren Sommerurlaub mit den zwei Schwarzwälderwallachen Max und Rico. Und wir fünf sind grad in der Nähe. Ein Treffen wird schon für den Starttag geplant, aber wir verpassen uns tatsächlich im Wald.
Doch eineinhalb Wochen später krieg ich nochmal eine SMS, ob ich noch in der Gegend bin, sie seien auf dem Rückweg. Und das war ich noch.
Und diemal haben wir uns nicht verfehlt. Ich hatte schon eine Wiese, aber erst nach der SMS: «rühr dich nicht vom Fleck, wir kommen. Kann aber spät werden» hab ichs wirklich geblaubt.
Und sie kamen. Sonnengebräunt, entspannt und leuchtend aus einem Urlaub zusammen mit Pferden.

Ich bin ja gewohnt Besuch und auch ein weiteres Zelt an unserem Camp stehen zu haben, aber anderen Reisenden mit Tieren bin ich bisher noch nie "on the road" begegnet und so wars eine ganz besondere Freude. Lange sassen wir am Feuer und haben erzählt.
Doch das war nicht alles, sondern sie wollten tatsächlich auch noch eineinhalb Tage mit uns langsamen «Kaumvorwärtskommern» reisen. Mit zwei schnellen Pferden?

Der erste Tag hat super funktioniert. Lothar war sehr motiviert zuerst vor (bergab) und dann nach (bergauf) den Pferden zu laufen. Hat eine für ihn untypische Geschwindigkeit hingelegt (die Pferde mussten natürlich trotzdem abgebremst werden, oder auf uns warten, nur um kein falsches Bild zu vermitteln).
Die Rechnung hatte ich aber am nächsten morgen. Lothar tat sein Bein die ersten 100m so weh, dass ich sofort wieder auf die Wiese zurückwollte. Er sah so schnlimm aus, dass mir die Tränen runtergelaufen sind. Er hat sich dann noch eingelaufen, so dass er den Rest des Tages schneller und schmerzfrei lief, aber trotzdem langsamer als am Vortag. Und das war zu langsam für die Pferde und nur warten konnten meinen Freunde ja auch nicht, sie mussten wieder zurück nach Hause. Und so haben sich unsere Wege wieder getrennt.
Wir fünf sind zurückgeblieben und haben uns sehr bald eine Wiese gesucht.
Es war so ein schönes Bild gewesen die zwei Kutschen hintereinander auf der Strasse und die Tiere nebeneinander auf der Wiese.

Update Wespen


Glücklicherweise hat Lothar keine Nachwirkungen von den vielen Stichen. Am übernächsten Tag hat man weder noch was gesehen noch ihm etwas angemerkt. Das ist nochmal gut gegangen. Auch Piz und ich haben uns wieder gut erholt.
Mich erstaunt, dass Lothar deswegen nicht mehr Angst vor Wespen hat. Denn damit hätte ich schon gerechnet.
Erstaunlich ist auch, dass ich mittlerweile beobachtet habe, dass Wespen Lothar sogar hilfreich sind. Denn sie fliegen zwischen seine Hinterbeine, wo so gerne die Fliegen Blut saugen und schnappen sie sich. Steht er, nehmen sie die Kleinen, doch nicht nur eine, sondern sie versuchen gleich mehrere zu fangen und abzutransportieren. Liegt er, geht eine Wespe auch auf die grossen Bremsen los, «ringt» mit ihr und ?beteubt? sie mit ihrem Gift. Eine Bremse, die genauso gross ist wie sie selber. Da ist die Ausbeute dann schon erheblich. Wenn sie es schafft.
Und für Lothar ein Blutsauger weniger. Immerhin.  

Sonntag, 28. August 2016

Max und Milan auf Reisen


Jetzt sind wir fast einen Monat zusammen unterwegs: Lothar, Piz und ich und eben Max und Milan.
Sie machen ihre Aufgabe so unglaublich gut und sind nach dieser kurzen Zeit absolute Profis in ihrem Job. Und der ist im Moment eigentlich nur: brav neben der Kutsche herzulaufen.
Niemals hätte ich zu träumen gewagt, dass es sich so unkompliziert reisen lässt mit noch zwei kleinen Ochsen dabei. Sonst hätte ich wohl schon früher an Nachwuchs gedacht. .. Aber woher hätt ichs wissen sollen?
Körperlich war es ja von Anfang an eigentlich kein Thema 5 bis 6 km zu laufen, doch die ganzen Bilder und Eindrücke und alles Neue will einfach auch von einem so jungen Hirn verarbeitet werden und das schaffte das Limit. Doch mittlerweile muss ich nicht einmal mehr die Position der Kleinen wechseln und keiner lässt sich mehr ziehen (ausser es ist zu eben und Lothar dadurch zu schnell). Milan geht meist vorne neben Lothar, weil er ihm einfach mehr zugetan ist und Max läuft direkt neben der Kutsche.

Gullideckel waren in den ersten Tagen das Allerallerschlimmste was einem kleinen Zugochsen begegnen konnte, doch mittlerweile wird einfach drüber oder gar drauf gestiegen. Durch unser erstes Dorf übelegte ich mir noch Hilfe zu holen um helfend hinter ihnen herzugehen, doch schlussendlich lief ich die ersten zwei Wochen hauptsächlich ohne Ortschaften und anschliessend war dann unser erstes grösseres Dorf mit «Innenstadt"bereich, vielen Autos, engen Häusern, Hauptverkehrstrasse und allem drum einfach nur problemlos. Beide liefen ausnahmslos super mit. Eigentlich unvorstellbar. Und das alles dank Lothar. Alleine hätte ich sie mit zwei Wochen Training niemals so ruhig durch eben diese Ortschaft bekommen. Dafür sprech ich einfach nicht genug kuhisch.
In allen Bereichen des Reisens haben sie sich gut eingelebt und betrachten es als ihre tägliche Routine.
Auf Waldwegen lass ich einen von ihnen dann auch frei laufen. Das ist natürlich sehr sehr spannend. Was es nicht alles zu fressen gibt! Und mal ganz ganz vorne laufen zu dürfen!
Eigentlich könnte ich jetzt schon auf einsamen Pfaden ziemlich loslassen weil ich weiss, dass es läuft. Wäre da nicht unser ewiges Schuhverlierproblem.
Natürlich brauchen die Kälbchen auch Schutz vor Abbrieb. Anfangs hab ich es ohne Schuhe probiert, doch das ging nicht. Und dann hab ich ihnen selber Schuhe gebastelt. Aus Traktorreifenschlauch und altem Gülleschlauch, doch so ausgereift ist das alles noch nicht. Zum einen gehen sie ständig kaputt und so bin ich täglich mindestens eine bis zwei Stunden am reparieren und zum anderen verlieren sie sie ständig. Ich bin stetig am Verbessern und so sind wir schon von «einen Schuh alle 500 Meter verlieren, zurückgehen, wieder anziehen» zu das selbe alle 1-2km. Doch weiss ich eben nie wann es passieren wird, weshalb ich ständig zurückschaue und zweimal schnell zähle: «eins, zwei, drei, vier». Denn in einem Schuh steckt so viele Stunden Arbeit, dass ich es mir nicht leisten kann einen für immer zu verlieren. Und mehr als ein paar Hundert Meter ist es auch lästig zurückzugehen und das Gespann derweil irgendwo angebunden zu haben. Wenn es denn grad sowas gibt.
Da bleibt nicht viel Zeit daszwischen zum Nichtdrandenken :-)

Ja, und noch eine Neue Sache gibt es, auf die ich lange gewartet habe. Lothar hat Max und Milan mehr oder weniger immer ignoriert, oder sie gar rumgescheucht. Aber seid gestern, da schleckt er Milan und widmet sich ihm ganz intensiv. So eine Freude. Für Lothar, weil er seine eigene Herde bekümmern kann, für Milan, der da schon sehr lange drauf gewartet hat und für mich.

Samstag, 20. August 2016

Geschichten vom Wegesrand


Für unser Vormittagspäuschen nach einem sehr frühen Start wähle ich uns einen schönen Platz im Wald. Zwar ohne Aussicht, doch ruhig, mit viel Schatten und ein bisschen Sonne. Ich binde Lothar an einen Baum am Waldesrand wo er grasen kann. Max und Milan bleiben an der Kutsche angebunden. Ich setzte mich in Halbschatten zwischen die Heidelbeeren und lehen mich an einen Baum. Ich höre, lausche und bin.

Doch was ich nach einiger Zeit höre gefällt mir nicht. Lothar tritt. Und wenn er tritt hat er in der Regel eines seiner Hinterbeine im Seil verheddert. Ich laufe schnell zu ihm, denn da zählt jede Sekunde, bevor das Seil hässliche Striemen am Bein hinterlässt. Piz eilt auch gleich zu Hilfe. Doch als ich bei Lothar bin ist sein Bein frei und trotzdem stimmt irgendwas nicht. Ich verstehs nicht. Lothar tritt immer wieder und ist im nächsten Moment panisch. Soll ich ihn losbinden? Aber in dieser Stimmung könnt ich ihn nie halten, er würde einfach das Weite suchen. Egal. Ich ziehe die Schlaufe um das Seil zu lösen. Währenddessen tut mir der Arm weh, egal...blöder Knoten...geh auf...und wieder ein Stich und Schmerzen, jetzt in der Schulter. Ich schaue auf und realisiere, dass das, was ich für Fliegen und Bremsen hielt, das ganze Gesumme um uns herum, einfach nur wahnsinnig viele Wespen sind. Und noch ein Stich und noch ein Stich....ich nehm die Beine in die Hand und laufe so schnell ich kann weg. Höre es summen hinter mir. Noch ein Stich. Nehme meine Hut, schlage um mich. Kurz stehen bleiben. Hochschauen. Und da kreisen sie noch über mir und sausen wieder hinab. Und noch ein Stich, noch ein Stich. Ein kurzer Gedanke über Lothar, wo er wohl hinrennt? Ob ich ihn wohl wiederfinden werde? Mit mir rennt Piz sich konstant beissend und winselnd und rollend und mich immer wieder hilfesuchend anschauend. Und weiter weiter den Weg entlang. Wieder stehen bleiben. Die letzten zwei Wespen lassen von mir ab. Piz kommt auf mich zugerannt ihr ehemals krankes Bein so hebend, als wärs wieder verbunden. Völlig durcheinander.
Zweimal tief durchatmen und dann ruhig aber zügig zurück zur Kutsche. Max und Milan schauen nur ein bisschen verdutzt aus ihren schwarzen Augen, sie sind ok. Und Lothar?

Der arme Kerl, er konnte nicht wegrennen! Das Seil hatte sich bei der vorhergehenden Panik zusammen mit Farn und sonstigem Grünzeug am Baum verknotet und ihn an Ort und Stelle bleiben lassen. Und über ihn, um ihn, unter ihm: Wespen.
Also Hose runterkrempeln, Jacke aus der Kutsche holen und bis zum Kragen zumachen, Hut auf. Und durchatmen, durchatmen. Energie runterfahren, nicht aufregen, sonst sind die nächsten Stiche vorprogrammiert. Langsam gehe ich zu Lothar der nur noch steht und sich nicht mehr wehrt. Das Seil ist so verknotet und wespenumflogen, dass ich ihn wieder auf die Gefahr hin, dass er einfach nur das Weite sucht sobald er los ist, vom Karabiner löse. Doch er lässt sich ganz ruhig wegführen und erstmal um Zugstrang notdürftig anbinden.

Da steht Lothar einfach nur. Kein Schlagen nach Fliegen. Kein Schlagen nach mir also ich ihn untersuche. Er steht einfach nur.  Wespen hängen noch um seinen Hornansatz, an seinem Ohr, an seinem Bauch. Ich schlage sie weg.
Kurz überlege ich das Führseil dort zurückzulassen, doch dafür ist es zu wertvoll, also gehe ich wieder zurück und bete nicht noch mehr Stiche abzubekommen. Aber scheints haben sich die Wespen beruhigt. Sie fliegen zwar noch wild umher, aber haben keine Lust mehr auf Angriff, oder schon alles Gift an Lothar verbraucht und lassen zu, dass ich mit langsamen Bewegungen das Seil löse.
Bei Lothar schwellen unterdessen die Stiche an. Überall auf seinem Körper bilden sich Hügel. Überall. Was kann ich tun? Das einzige was mir einfällt, was ich dabei habe, ist Apfelessig und so wasche ich alle Stiche mit Essig ab. Ziehe noch ein paar Stachel raus, die ich dachte, dass Wespen gar nicht verlieren können. Ziehe die letzten Wespen weg und warte und schaue mir Lothar an. Dann mache ich das selbe bei Piz und bei mir. Piz hats haupsächlich oben an den Vorderbeinen und an der Brust erwischt und sie hebt ganz komisch den Kopf. Beissen tut sie sich am ganzen Körper. Ich glaub, die zwei hats am Schlimmsten erwischt.
Nach dem mir nichts besseres einfällt als uns ne Wiese zu suchen spanne ich Lothar ein und wir laufen weiter. Lothar bleibt die ganze Zeit so ruhig. Aber Piz humpelt und beisst sich und läuft Schlangenlinien.
Nach einem Kilometer kommt schon ein Hof. Und dort bekommen wir alle sofort erste Hilfe in Form von Wiese, Schatten, Wasser und Apiskügelchen gegen Stiche. Lothar geht es einigermassen gut dafür wie viele Stiche er abbekommen hat. Wir alle machen aber erstmal nichts anders als schlafen, schlafen, schlafen.

Donnerstag, 11. August 2016

Lothi und sein Bein

Als ich aus Ungarn zurückgekommen bin und mit Lothar zu den Kälbchen lief, fing er ziemlich plötzlich wieder an ganz schlecht zu laufen. Wie im Frühjahr.
Er verlagert sein Gewicht auf die Vorderbeine und eiert hinten auf den beiden Beinen, aber hauptsächlich links.
Jetzt ist aber Lothar die eineinhalb Monate, in denen ich in Ungarn war, nicht nur einfach rumgestanden, wie er es im Winter gerne macht, sondern war e bei zwei jungen Kuhdamen auf einer Wiese. Er musste sich also für sein Essen bewegen und für die Aufmerksamkeit seiner Herde.
Und trotzdem....

Gut ist, dass ich in diesen Tagen ja wieder Station bin. Denn die Tierpflegerin, bei der Lothar ja schon über den Winter gewesen war, ist mir eine grosse Hilfe. Nicht nur beim Hinschauen auf die Beine und Spritze geben, sondern auch beim Austauschen und Wiederspiegeln z.T nicht gern wargenommener Dinge, wie z.B. dass das nichts Neues ist mit Lothar, sondern dass er letzten Herbst schon schlecht lief. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr muss ich mir auch eingestehen, dass sie da nicht ganz unrecht hat.
Um es mit Lothar überhaupt zu wagen loszulaufen, dafür musste ich seine Fehlstellung hinten links einfach als gegeben ansehen und nicht als «Huch-da-muss-ich-aufpassen». Wenn er enge Wendungen gemacht hat, dann hat mans eigentlich immer gesehen. Und manchmal auch beim Laufen. Und da die Arthrose ja jetzt gerade an dem Bein - verständlicherweise - ihre Angriffsfläche gefunden hat, habe ich da einfach ziemlich lange alles unter «Fehlstellung» abgetan.

Ja und jetzt stehen wir wieder da. Mit einem Lothar der nicht laufen kann. Ich Hinterwäldlerin dachte schon, ich müsse vielleicht mit ihm mal bei einer Tierklinik vorbeilaufen um ihn röntgen zu lassen, doch hat - wie sich herausstellte - sogar der örtliche Tierarzt hier ein mobiles Röntgengerät und so waren zwei Tage später die Bilder gemacht.



Das Ergebnis: keine Rehe, wie der Tierarzt aufgrund der extrem sensiblen Klauen vermutete, sondern Schale am Klauenbein. Eine Schale sind durch Knochenhautreizungen hervorgerufene Knochenzubildungen, über die dann z.B. Sehnen schaben können und so die Schmerzen entstehen.
Und wenn ich alles richtig verstanden habe, dann ist seine «gesunde» Klaue mehr betroffen, als seine Rollklaue.




Jetzt weiss ich also wo es ist und was es ist und kann da gezielt versuchen zu behandeln.
Der Tierarzt hat erstmal Entzündungshemmer zum spritzen gegeben und dagelassen. Lothi und Spritzen. Keine ungefährliche Angelegenheit. Ich habs mit Überrumpeln probiert, was beim Tierarzt einmal funktioniert hat. Aber eben nur das eine Mal. Bei mir war er dann schon schlauer. Ich bin dann dazu übergegangen es ihm ganz klar zu zeigen und ihn in die Schulter zu spritzen, nicht in Hintern. Da sind die Hinterbeine zu nah....
Dauerhaft ist das keine Lösung, doch hat es aus der akuten Phase rausgeholfen. Und jetzt kann ich weiterdocktern: mit Traumeel, Teufelskralle, Glucosamin und Schwefel.....mal schauen. Mittlerweile ist meine Kutsche ausgemistet und alles was ich nicht oft brauche hat den Weg zu meiner Mutter angetreten. Um Lothar zu entlasten Auch meine geliebte Werkzeugkiste.... Dafür hab ich jetzt eine neue Kiste drauf: mit Tabletten, Pulvern, Tinkturen...

Jetzt, nachdem nochmal zwei Wochen vergangen sind, springt er tatsächlich wieder über die Wiese. Nicht mehr so galant (naja galant konnte man Lothar noch nie nennen) wie früher, aber er springt wieder. Und deshalb wage ich es auch weiterzuziehen. Rumstehen ist ja nichts für so ein Bein und mehr als 5 km am Tag packen Max und Milan ja eh nicht.

So unbedarft wie im Frühjahr, wo ich wirklich dachte, bis zum nächsten Winter haben wir wieder unsere Ruh... so bin ich nicht mehr. Und manchmal packt und überkommt es mich, dass es für Lothar vielleicht doch bald vorbei ist. Wenn ich das Gefühl habe, es wird grenzwertig.
Und dann kralle ich mich an unsere Reise und möchte sie festhalten. Ist es doch das einzige was ich tun möchte. Bis mir fast übel wird.

Scheints habe ich aus den letzten Jahren wieder keine Lehre gezogen. Muss wieder lernen: Dass ich auch da loslassen muss. Nicht greiffen darf. Und offen bleibe. Und vertrauensvoll.