Freitag, 25. September 2015

Post von Lothar


Grüße auf Karten hat Lothar schon öfters verfasst. Meist in Worten wie: "Danke für das gute Gras" o.ä. Dass er aber auch lange Brief schreiben kann, in gutem Deutsch und richtigem Satzbau?
Ich hätts nicht mal mitbekommen, wenn ihn mir nicht eine nette ehemalige Waldkindergärtnerin als Kopie nachgeschickt hätte. Was war ich überrascht!
Ich hab an dem besagten Tag, einem Sonntag, nicht mal gemerkt, dass er aufgeregt war, als wir zum Waldkindergarten einbogen, um dort eine Mittagspause zu machen.

Hier auf jeden Fall mal der Brief:

Liebe Waldkinder,
ich bin Lothar, ein Ochse auf Wanderschaft.
Losgewandert bin ich vor drei Jahren in Ungarn und in diesem Sommer bin ich im Schwarzwald unterwegs, zusammen mit der Hündin Piz und der Menschenfrau Eva.
Neulich ist mir was passiert wovon ich euch gerne erzählen möchte:
Piz, Eva und ich wanderten gemächlich durch Freiamt und waren auf der Suche nach einem Rastplatz für unsere Mittagspause. Da entdeckte ich ein Schild am Wegrand, auf dem stand "WALDRINDERGARTEN". Wow, dachte ich. Ein Garten im Wald nur für Rinder. Das klang super. Das ist sicher eine wunderschöne Waldlichtung mit saftigem Gras auf der glückliche Rinder grasen.
Wie groß war meine Freude. Ich malte mir bereits aus, wie ich mit all den Rindern in dem Garten weiden konnte, ein bisschen plaudern, Neuigkeiten austauschen. Vielleicht eine mir noch unbekannte Pflanze kosten, gemeinsam mit den Rindern blinde Kuh spielen, dösen und gemütlich wiederkäuen. Nach den vielen Menschenbegegnungen mal wieder einfach nur Rindviecher treffen.
Meine Menschin bog ab und wir folgten dem Wegweiser. Ich konnte auch schon eine schön gelegene Wiese am Waldrand sehen. Doch wo waren all die Rinder? Im Rindergarten angekommen sah ich nur einen Bauwagen, ein köstlich bepflanztes Hochbeet (von dem ich leider nichts naschen durfte) und einen Apfelbaum, doch kein einziges Rind. Die sind sicher im Wald, dachte ich mir, doch auch dort waren keine Rinder. Nochmal beim Bauwagen nachsehen, vielleicht ist das ja so eine Art Stall auf Rädern. Es war gar nicht so einfach mit meinem Wagen zu wenden. Am Bauwagen hing ein weiteres Schild: WALDKINDERGARTEN. Oh nein, ich Ochse! Da hatte ich mich wohl verlesen.
Schade, war wohl nichts mit dem Rindergarten.
Da mir euer Platz aber trotzdem so gut gefallen hat, habe ich mir erlaubt meine Mittagspause bei euch zu machen. Wirklich schön habt ihr es! Und so schön schattig unter den Bäumen. Da hat es mir auch nichts mehr ausgemacht, dass ich keine Rinder getroffen habe, denn gemütlich wiederkäuen und an neuen Pflanzen schnuppern konnte ich trotzdem.
Kinder habe ich allerdings auch keine getroffen.
Darum schicke ich euch in diesem Brief liebe Grüße und bedanke mich für den gemütlichen Rastplatz. Und falls ihr doch mal einen Rindergarten daraus  macht,dann lasst es mich wissen!

 




Ob ich wohl auch irgendwann einen Brief von Lothar bekommen werde?

Freitag, 18. September 2015

Kann, muss, soll, darf ich Lothar vertrauen?

Ein Tier sollte ja eigentlich Instinkte haben, sollte man meinen. Ob ich, Mensch, diesen auch wirklich vertrauen kann? Jaja, sag ich da natürlich schnell.

Aber dann, wenn giftige Pflanzen auf der Wiese stehen, wo ich Lothar grad einzäune, komme ich doch immer wieder ins zweifeln. Da bin ich dann froh, dass ich auch in Ungarn mit Tieren zu tun hatte und da lernen durfte, dass uns über die Jahre nie ein Tier eingegangen ist, weil es „versehentlich“ von den dort heimischen giftigen Pflanzen probiert hat.  Aber wenn dann Lothar !konkret! vor dem Jakobskreuzkraut, oder vor wahnsinnig viel Hahnenfuss steht, dann komm ich doch ins Zweifeln und ich muss mir immer sagen: Vertrau deinem Tier, vertrau deinem Tier, vertrau deinem Tier.

Natürlich könnt ich diese Pflanzen ausreissen, aber trainiere ich meinem Tier dann nicht auch was ab?

Vorgestern abend bin ich in einer ähnlichen, aber anderen Situation an den Zaun getreten um mit Lothar noch ein ernstes Wörtchen zu reden. Hier war die Lage so, dass er auf einer Wiese mit nur wenig Gras drauf stand, ich dadurch gross einzäunen musste. Und somit auch einen schönen Apfelbaum einzäunte, der sich seiner ganzen Früchte schon entledigt hatte, die schön um ihn rum auf dem Boden lagen.  Natürlich hat Lothar nichts anderes gemacht, als sich Apfel um Apfel vom Boden zu holen. Und noch einer. Und noch einer. Und noch einer. Und noch einer. Und noch einer. Dann wiederkäuen und dann noch einer, und noch einer......
Lothars Magen war durch die Fallobstzeit schon an Äpfel gewöhnt, aber nicht diese Menge. Daher wieder die Frage: kann das Tier es einschätzen, wieviel es verträgt? Und die Worte an Lothar: Lothar, ich vertrau dir, dass du einschätzen kannst, wieviel du verträgst und gesund bleibst!! Lothar liess sich durch mein mamahaftes Auftreten wie immer nicht beeindrucken, kuckte nicht mal gross zu mir, um meinen Worten zumindest etwas Wichtigkeit zu geben, sondern nahm nur den nächsten Apfel.

Am nächsten Morgen war mein erster Gang zur Weide um nach seinem Zustand zu schauen. Er käute friedlich wieder, und ein Blick unter den Baum zeigte, dass noch Äpfel übrig waren (aber verdammt viele fehlten!!).

Und als wir dann wieder unterwegs waren und ich automatisch einen Apfel aufhob um ihn meinem Zugtier zu verfüttern, nahm er ihn in den Maul - wohl auch gewohnheitsmäßig-, um ihn aber sofort wieder auszuspucken!  Ein Tag lang ging er hinter mir her, ohne sich nach nur einem Obst umzudrehen! Naja und ein bisschen Durchfall hatte er auch. Aber er wurde weder krank, noch starb er, noch war er in seinem Arbeitsvermögen eingeschränkt. Also scheint er auch seine Obstverträglichkeit einschätzen zu können. Puuh!

Dienstag, 15. September 2015

Und wieder zurück im Schwarzwald. Keine vier Wände mehr, sondern wieder der weite Himmel über meinem Kopf den ganzen Tag und die ganze Nacht und der Erdboden, auf den ich mich schlafen lege. Dankbar, dass er‘s ist und kein Bett. Für nichts in der Welt möcht ichs eintauschen.

Jetzt wirds Herbst, die andersfarbigen Blätter lassen sich schon nicht mehr auf die Trockenheit schieben. Und wie ganz von selbst hat sich die Winterquartiersuche verselbstständigt und wieder bin ich überrascht über die Hilfsbereitschaft der Menschen, auch wenn noch nichts konkret in Sicht ist.
So bin ich an einem Tag mit einer Bekannten und ihrem Auto (oh Gott ist mir ungut geworden die kleinen Schwarzwaldstrassen hoch und runter in einem Auto!) ein paar Höfe abgefahren um nach einem Winterquartier für Lothar zu suchen, sollte ich ihn über Winter nicht bei mir haben können. Und bei allen Höfen hörte ich das Selbe: „Du bist doch die von Facebook!“

????????

Ja, ich bin auf Facebook, ein sehr unaktives Mitglied, aber nicht einsehbar für andere Leute. Wie konnte es also sein?
Da hat sich rausgestellt, dass es in der Region wo ich grad bin, unter den Menschen eine eigene Facebookgruppe gibt. Und da hat jemand meine Suche und ein Foto von mir reingestellt. Erstaunlicherweise kann es nicht länger als 24 h her sein, dass dies erschienen ist und trotzdem hatten diese Bauern es alle schon gesehen ;-) Und sehr interessant, bzw lustig die Kommentare dazu.
Hoffen wir, dass es was bringt.

Und so verbringe ich im Moment viel Zeit vor dem Internet, hab schon ganz quadratische Augen davon. Suche Bauernzeitungen in Deutschland und der Schweiz ab nach der Anzeige, die für mich bestimmt ist. Telefoniere und telefoniere und telefoniere. Und spreche und spreche und spreche. In der Herbstzeit kann ich mich nicht mehr auf meinen einsamen Waldwegen verstecken!

Samstag, 5. September 2015

Ein anderes Leben.


Plötzlich Oberbayern.
Andere Kirchtürme. Anderes Licht. Anderes Gefühl aus der Erde. Leben in 1 1/2 Zimmern, überall Wände, rechts, links, oben, unten, ganz nah, andere Menschen, ganz nah. Der Sturm bleibt von einem getrennt vor der Haustür und macht keinerlei Beeinträchtigung. Man muss sich nicht auf ihn einlassen sondern kann ihm sicher, trocken, durch die Fensterscheiben beim Wüten zuschauen. Auf kein Wetter muss man sich wirklich einlassen, es gibt immer Ausweichmöglichkeiten.

Und die Ablenkung ist überall: ein Fernseher, ein Bücherregal, viel Afrikaromane, wo meine Grossmutter geboren ist, ein CD-Player, ein Radio, Internet (super für die Winterquartiersuche), Einkaufsmöglichkeiten.

Das Essen ist  schnell zubereitet auf einem elektrischen Herd und das Gemüse und die Butter kommen schön kühl aus dem Kühlschrank, sind vielseitig und jederzeit ersetzbar und v.a. FRISCH!

Piz wird sittsam spazieren geführt und darf mit übergewichtigen Hunden spielen.

So schauts aus in Moment :-)