Montag, 27. Juli 2015

Lothar und Piz machen sich über mich lustig


Es ist Mittag, brütend heiss. Lothar hat seinen wohlverdienten Schattenplatz bekommen und ich auch, um den Schlaf wieder aufzuholen, der mir in der Früh wegen des frühen Aufbrechens geraubt wird. Was anderes kann man eh nicht machen, wenn das Thermometer 34 Grad zeigt und der einzig „kühle“ Ort der Schatten eines Baumes ist.
Also lieg ich grad und schlafe, als Piz sich den Platz hinter meinem Kopf aussucht, um sich auch einen ihrer verschiedenen kühlen Plätze zu verschaffen. Das macht sie, in dem sie sich eine kleine Kuhle gräbt um sich darin einzurollen. Nur das die Flugrichtung des ganzen Grubeninhalts auf mich fliegt, was sie aber nicht zu stören scheint. Erst als ich ein „Hee!“ rufe, begnügt sie sich mit der Tiefe ihrer Kuhle und rollt sich ein.
Nun bin ich natürlich wach und so brechen Piz unfreiwilligerweise (denn ihre Treue lässt es nicht zu mich alleine gehen zu lassen) und ich freiwilligerweise auf um eine Ruine in der Umgebung suchen, die sich aber nicht finden lassen will. Da es eh so heiss ist, ziehe ich es dann doch wieder vor Ruine Ruine sein zu lassen um meinen vorher abgebrochenen Mittagsschlaf fortzusetzen. Also liege ich wieder und bin grad am Einschlafen, als Lothar hinter mich tritt um in der Erde unter den schattenspendenden Bäumen - weshalb auch immer!!- auch anfängt mit den Vorderbeinen zu Scharren. Nur dass er mehr Erdreich bewegt bekommt wie Piz. Und wen dies wohl getroffen hat, könnt ihr euch auch vorstellen. Danke, ihr zwei!
Ach ja und Lothar: Kannst du mir erzählen, wo mein frisch gekaufter 1 kg Laib Dinkelvollkornbrot geblieben ist, welche eigentlich vorne in der Kutsche gelegen ist? Hättest du nicht ein verräterisches Stück Papier liegen lassen, hätte ich gedacht, er sei mir vom Wagen gefallen, so gut hast du selbst die Krümel verputzt!

Sonntag, 19. Juli 2015

verwunderliche Zeit




Wenn ich laufe und ich bin der Wald um mich herum, wenn ich auf den tollen abgelegenen Wiesen, weiter offen sein und mit dem Wind über das Getreide fliegen kann, oder so weit werden kann wie der Himmel über mir, dann ist das mit das größte Glück was ich kenne.
Und das langsame Unterwegs sein hat seine Essenz erreicht.
Dann BIN ich nur. Absolut wach. Nicht mehr und nicht weniger. Ohne Gedanken. Könnte ich jeden Tag so erleben würde ich mich wahrscheinlich irgendwann auflösen in eine einzige Lichtkugel aus Glück.

Freitag, 10. Juli 2015

Problemlose Probleme IV: Unmögliches ist möglich

Irgendwas stimmt hier nicht:

und da auch nicht:

und da schon gar nicht:


Samstag Mittag, wie immer grosse Hitze. Hätte es bisher schon Bauern gehabt, hätte ich schon längst nach einer Wiese gefragt.
Die Kutsche schrappt mit dem linken Vorderrad an einem Stein entlang und auf einmal geht gar nichts mehr. Meine Befürchtungen, ich hätte wie letztes Jahr eine Mutter des Rades und somit jetzt das Rad verloren erweisen sich als zu schön. Das komplette Rad ist ab. Inklusive Aufhängung, d.h: Achsenbruch.
Und das bei über 30 Grad.
Da das viel zu heiss ist um sich wirklich Sorgen zu machen und ich ja auch manchmal aus meinen Erfahrungen lerne, bin ich eher interessiert, wo mich das ganze jetzt wieder hinführen wird. Also binde ich Lothar an einem schattigen Ort an und mache mich auf zur eher ungewöhnlichen Hilfesuche.

Das erste Bauernhaus am Weg erweist sich auf den zweiten Blick als Sanatorium und deshalb als ungeeignet. Beim zweiten Bauernhaus öffnet mir eine Frau mit Lächeln und offenen Augen. Ich scheine richtig zu sein, doch trotzdem kostet es mich natürlich Überwindung sie mit den nicht gerade wenigen Problemen zu belasten. Also die Geschichte: „Unterhalb ihres Hauses auf dem Wirtschaftsweg sei die Achse meines Ochsenkarren gebrochen. D.h. ich bräuchte eigentlich folgende Hilfe: 1. jemand, der mir hilft die Kutsche zu Seite zu schieben, dass auch wieder landwirtschaftlicher Verkehr durchkomme. 2. eine Wiese, wo der Ochse so lange stehen kann, bis die Achse repariert ist und 3. die Vermittlung zu jemandem, der das eventuell tun könne.“

Doch nach dem ersten grossen verständlichen Erstaunen, hatte sie auf ALLES eine Antwort: "Die Wiese könne ich unter dem Haus mit Zugang zum Bach haben - kein Problem. Die Kutsche würden wir erstmal aus dem Weg schieben um dann dem Bauern drei Höfe weiter Bescheid zu geben, der ihnen auch immer alles reparieren würde. "

Und so taten wirs dann auch. Als also die Kutsche verräumt war, kontaktierten wir den Helfer-für-mehr-oder-weniger-alles, der sich als 78 jähriger Altbauer herausstellte. Er sah sich die Kutsche sofort an und sagte, er würde sein möglichstes probieren, wenn wir sie zu ihm an den Hof bringen würden. Eventuell würde er die ganze Achse austauschen müssen.
Daraufhin wurde also die Kutsche auf den Hänger der Familie geladen (denn auch dafür hatten sie eine Lösung). Das ging wegen der drei Räder nur mit vereinter Menschen- und Quadkraft und bei meiner neuen Wiese der gesamte Kutscheninhalt zusammen entladen (äusserst selten, dass Leute einmal querbeet mein ganzes Hab und Gut sehen, mein ganzes Privatleben sozusagen) und nach einer verdienten Mittagspause zu dem Altbauern gefahren. Dieser schweisste sofort zusammen mit seinem Sohn und Schwiegersohn die Radaufhängung verstärkt wieder an die Achse zurück. Und um 4 Uhr nachmittags, war meine reparierte Kutsche schon wieder auf dem Weg zu dem mittlerweile eingezäunten Lothar.

Und so ist Unmögliches möglich geworden: Um 11 Uhr an einem Samstag bricht meine Achse und um 4 Uhr Nachmittags des selben Tages ist alles wieder repariert. Bei mehr als 30 Grad, in einem Tal im Schwarzwald.
Und ich traue mich eigentlich gar nicht noch weiter zu erzählen, dass sich niemand für seine Arbeit hat bezahlen lassen und mir danach noch ein Eis an meine Wiese gebracht worden ist und später noch ein Korb mit Kirschen, Gemüse und Eiern.

Dieser Tag war wieder eine interessante Lektion des Lebens an mich.

Freitag, 3. Juli 2015

SOMMER


Es ist Sommer. So Sommer wie es letztes Jahr nie war. Die Temperaturen steigen auf mehr als 30 Grad. Die Bauern machen Heu um Heu. Jeden Tag sehe ich noch einen neu am Mähen, und verschiebe so die Hoffnung auf ein paar kühle Tage um noch einen weiteren Tag nach hinten. Da kann ich kaum glauben, dass ich noch vor genau einer Woche Eis auf meinem Zelt hatte.
Und mit der Hitze und dem Sommer sind auch wieder die Bremsen da und plagen den armen Lothar Tag für Tag. So eine dünne Haut wie er, scheint kaum ein Tier zu haben. So viele wie sein Blut abzapfen sehe ich an keinem anderen Tier. Dafür ein Pferd weggaloppieren, von genau einer grossen Rossbremse verfolgt, während an Lothar gerade 12 Stück dieser Dinger saugen.
Zu heiss und zu viele Bremsen geht für Lothar vor der Kutsche nicht. Irgendwann, meist gegen Mittag, hat der Gute dann kein Hirn mehr und kann sich weder auf mich, noch auf seine Aufgabe konzentrieren.
So geht es diese Tage gar nicht ohne Bremsenschutzdecke, Schutzfransen für die Augen und die Nüstern und das tägliche Einsprühen mit tiroler Steinöl. Und trotzdem: sie saugen und saugen und stressen ihn. Neben der Hitze. Gott sei Dank hat der so viel Blut im Körper, dass es am Ende des Tages auch noch für ihn selber reicht.

Im Sommer, wenn es richtig heiss ist, müssen wir uns auch wieder auf einen andern Rhytmus und noch mehr Langsamkeit einlassen. Um 4 Uhr aufstehen, grad beim Hell werden, so dass wir um 6 Uhr schon aufbrechen können. Und dann einfach schon wieder Wiese suchen, wenn es zu unerträglich mit der Hitze und den Bremsen wird. Ab Mittag haben Piz und ich dann also „frei“ und können dafür einfach andere Sachen machen. Sachen reparieren, oder die Gegend in Hitze erkunden. Ohne Lothar, d.h. anonym.
Mir tut das auch gut, denn wenn wir nur am Vormittag unterwegs sind, wo die Menschen in der Regel arbeiten und uns dann eine Wiese ab vom Schuss suchen, habe ich mal Pause im Fragen beantworten.
Die Kunst des Sommers ist, in ihm nicht die Qualen für Lothar zu sehen. Da nicht mit zu leiden und konstant angespannt zu sein ist gar nicht so einfach. Doch so ist der Sommer einfach überall für Kühe und Pferde, die ein Leben draussen führen dürfen, daran gibts nichts zu ändern.

Die Kunst des Sommers ist ihn trotz seiner Hitze zu geniessen. In seinem Duft nach trockener Erde, Heu und Getreide. In seinem Gefühl auf der Haut und dem Licht. In seinen ganz frühen Morgenstunden. Und der Zeit, die er mit sich bringt.

So sieht er dann also aus, der Hochsommerlothi: